Elektro-Fachkräftemangel – mit Social Media die Stirn bieten
Herkömmliche Rekrutierungsbemühungen über Inserate oder Jobplattformen laufen bei der Suche nach neuen Mitarbeitenden immer häufiger ins Leere. Elektrobetriebe müssen mit der Zeit gehen und Neues wagen.
Ohne Smartphone geht heute nichts mehr. Laut einer Studie verbringt jeder von uns pro Tag etwa 2,5 Stunden am Handy – Tendenz steigend. Eine grosse Rolle spielen dabei die sozialen Medien – 5,4 Millionen Schweizer sind laut dem Portal Statista auf Facebook registriert, auf Instagram sind es um die vier Millionen. Der Gedanke liegt also nah: Wenn sich so viele Menschen in den sozialen Medien tummeln, müssten dort doch auch Fachkräfte zu finden sein?
Erfolgreiche Online-Kampagnen erstellen
Doch wie gelingt es Unternehmen, unter den unzähligen Social-Media-Nutzern geeignete Kandidaten zu erreichen und sogar eine Stelle zu besetzen? Einer, der es weiss, ist der Solothurner Leo Stalder. Er hat sich mit seinem Unternehmen Risem auf die Personalsuche und Neukundengewinnung in den sozialen Medien spezialisiert: «Wichtig ist, dass sich ein Unternehmen seine Stärken, seine Alleinstellungsmerkmale und die gewünschte Zielgruppe ins Bewusstsein ruft. Diese Erkenntnisse liegen jeder erfolgreichen – eigenen oder in Auftrag gegebenen – Online-Kampagne zugrunde.» In einem nächsten Schritt gilt es, hochwertige Bilder und Videos zu erstellen. Sie sollten von guter Qualität und die Filme nicht zu lang sein. Emojis oder Hintergrundmusik können sinnvoll eingesetzt werden. Bei Videos sind Untertitel zu empfehlen, dafür gibt es inzwischen auch kostenlose Online-Programme. Hilfreich sind auch Aussagen von Mitarbeitenden, die das Unternehmen ins rechte Licht rücken und für die nötige Authentizität sorgen.
Schliesslich werden die Inhalte in den sozialen Medien ausgespielt, in der Regel auf Facebook und Instagram – um Lernende anzusprechen, kommt auch TikTok in Frage. Wichtig sei dabei die genaue Zielgruppenansprache, das sogenannte Targeting, betont Stalder: «So werden die Anzeigen und Imagefilme nur bestimmten Personen angezeigt. Zu den sinnvollen Kriterien zählen die Wohnregion oder persönliche Interessen.» In der Regel lohnt es sich, mehrere verschiedene Anzeigen zu erstellen und ihren Erfolg mit der Hilfe von Datentracking – beispielsweise dem Meta Pixel – zu testen. Die digitalen Inhalte können «gelikt», geteilt oder an Freunde weiterempfohlen werden und sorgen für regionale Sichtbarkeit. Will man noch einen Schritt weitergehen, bietet z. B. der Werbepartner «Meta-Audience-Netzwerk» die Möglichkeit, die Online-Anzeigen in Websites und kostenlosen Apps auszuspielen. So werden auch Personen ausserhalb der sozialen Medien erreicht.
Alle ansprechen – nicht nur Stellensuchende
Eine erfolgversprechende Online-Kampagnenform sind «Blitzbewerbungsprozesse», die sich direkt am Handy durchspielen lassen: «Mit quiz-ähnlichen Fragen gibt eine Person erste Informationen wie Ausbildung oder Berufserfahrung über sich preis und erhält gleichzeitig Einblicke ins Unternehmen», erklärt Stalder, der bereits über 50 Elektrounternehmen beim Rekrutierungsprozess begleitet hat. Das mühselige Zusammenstellen von Lebenslauf und weiteren Bewerbungsunterlagen entfällt, die Hemmschwelle für einen ersten Kontakt sinkt markant. Inzwischen bietet Risem auch an, die Bewerbungsunterlagen einzuholen und den Termin für das Vorstellungsgespräch auszumachen.

Eine solche Kombination aus guten Social-Media-Inhalten und einer Kurzbewerbungsseite wird auch als «Social Recruiting» bezeichnet und hat einen entscheidenden Vorteil: Im Gegensatz zu klassischen Job-Inseraten werden nicht nur aktiv Stellensuchende erreicht. Dies hat auch Karin Bühler, Bereichsleiterin Personal beim Energieversorger EW Höfe am rechten Zürichseeufer, so erlebt: «Vor der Kampagne mit Risem war es für uns nahezu unmöglich, Elektrofachleute für die Installation oder Netzmontage zu finden. Auf Inserate hat sich überhaupt niemand gemeldet, und auch Vermittlungsprämien führten nicht zum erhofften Erfolg.» Mit der ersten Online-Kampagne wendete sich das Blatt: Während der Kampagne seien rund 20 Anfragen eingegangen, bei einem grossen Teil habe die Qualität überzeugt, so Bühler. «Seither haben wir vier Kampagnen geschaltet und konnten jedes Mal einen Netzmonteur, Elektroinstallateur oder Netzelektriker einstellen, es ist unglaublich. Nun können wir unser Unternehmen auch jenen Personen präsentieren, die bisher noch nicht über einen Jobwechsel nachgedacht hatten. Das sehe ich als grossen Vorteil dieser Art der Personalsuche.»
Übertroffene Erwartungen
Doch was bedeutet dies nun für KMU? Nach einem gewissen Initialaufwand – Bilder und Videos müssen vor Ort durch Risem erstellt und die Texte freigegeben werden – lassen sich die Inhalte beliebig lange und mehrmals ausspielen und bilden so ein stabiles Fundament, um sich als Unternehmen zu positionieren. Zentral dabei sei, die Inhalte sorgfältig an einen Betrieb anzupassen. Dazu sei auch ein gewisses Engagement des Unternehmens gefragt, so Daniel Fuss, Geschäftsführer und Mitinhaber der ES Elektro Seftigen AG: «Risem legt Wert darauf, authentische Einblicke in den Betrieb zu geben. Dazu bedarf es einer offenen Zusammenarbeit. Das Resultat sind massgeschneiderte, originelle Online-Kampagnen, die gut ankommen. Wir haben drei sehr gute Bewerbungen erhalten und konnten so bei der Besetzung unserer Stelle sogar noch auswählen – was will man mehr?»
Ob Personalsuche oder Brand-Awareness – das sind die wichtigsten Tipps für Ihre erfolgreiche Online-Kampagne, zusammengefasst von Leo Stalder, Inhaber der Personal- und Neukundengewinnungsagentur Risem:
- Ansprechende Website mit Karriereseite, Social-Media-Profile mit gutem, regelmässigem Content, Google und Kununu-Unternehmensprofile mit positiven Bewertungen
- Zielgruppe und Anforderungsprofil klar definieren und unbedingt lokal begrenzen
- Unterschiedliche Zielgruppen – z. B. mit verschiedenen Interessen – testen
- Hochwertigen Content – Fotos, Videos und Texte – erstellen (lassen), um trotz hoher Informationsdichte aufzufallen
- Mehrere verschiedene Anzeigen erstellen und deren Erfolg testen
- Nachbearbeitung: Video-Untertitel, Effekte wie Emojis oder Hintergrundmusik sinnvoll einsetzen
- Unkomplizierten und ansprechenden Kurz-Bewerbungsprozess bieten, keinesfalls einfach auf ein PDF-Inserat verlinken
- Eingehende Bewerbungen innerhalb von 24 bis 48 Stunden beantworten
- Daten-Tracking – wie zum Beispiel Meta-Pixel – einrichten, um die Kampagne zu optimieren
- Meta-Audience-Netz nutzen: Dieser Werbepartner spielt Online-Kampagnen auch in kostenlosen Apps oder auf viel besuchten Websites aus
- Mit einem Bewerbungs-Managementsystem Bewerbungen effizient bearbeiten und z. B. einen Kontaktabbruch zu den Bewerbern verhindern
Stalder, der mit seinem Unternehmen schon mehr als 160 Unternehmen begleitet hat, sieht in den Kampagnen grosses Potenzial: «Viele Betriebe leisten Bemerkenswertes; sprechen aber kaum darüber. Eine Online-Kampagne bringt regionale Sichtbarkeit – auf Facebook und Co. tummeln sich nicht nur mögliche Mitarbeitende, sondern auch potenzielle Kundschaft.»