Normgerechte RCD-Prüfung in der Praxis

Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (RCD/FI) sind unverzichtbare Schutzorgane in modernen Elektroinstallationen. Doch wie werden diese normgerecht geprüft? Die NIN 2025 hilft weiter und legt detailliert fest, was es zu beachten gibt – sowohl bei der Erstinbetriebnahme als auch bei regelmässigen Wiederholungsprüfungen.

Typ F
Quelle: Recom

Praxistipps für sichere und normkonforme Messungen von RCD/FI

  • Die Funktionalität der Auslösung mittels Prüftaste am RCD vor einer Messung prüfen.
  • Vor jeder Messung: RCD-Typ und Nennfehlerstrom (IΔn) eindeutig identifizieren.
  • Schutzleiterwiderstand separat messen, da dieser Einfluss auf die Auslösebedingungen haben kann.
  • Bei Allstromsensitiven RCDs muss der AC- und der DC-Teil geprüft werden.
  • Falls die Auslösezeit nicht erfüllt ist, den RCD mit 5-fachem Fehlerstrom prüfen. Als Alternative kann auch die Autotestfunktion eines Installationstesters verwendet werden.
  • Bei PV-Installationen und Ladeinfrastrukturen gezielt auf Modus Typ-B oder B+ prüfen (A-EV wenn vorhanden) – Standardtester reichen hier nicht aus! Neu gibt es Funktionsprüfadapter für die Freischaltung von Ladeeinrichtungen mit einer integrierten Typ-B-Messfunktion (6 mA), welche als Ergänzung zu Standardtester verwendet werden können.

Bei der Prüfung von Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (RCD/FI) gibt es einiges zu beachten. Zuerst gilt es bereits die verschiedenen RCD-Typen zu berücksichtigen, die jeweils spezifische Anforderungen an die Prüfmethodik stellen. Glücklicherweise bieten moderne Installationstester eine Vielzahl von Prüfmodi, automatischen Abläufen und Dokumentationsfunktionen, die dem Installateur und Prüfer die Arbeit erleichtern. In diesem Beitrag werden die normativen Anforderungen, Prüfverfahren und Besonderheiten der praktischen Umsetzung mit verschiedenen Geräten ausführlich beleuchtet.

Übersicht über RCD-Typen

Die Auswahl des richtigen RCD-Typs ist entscheidend für die Sicherheit der Anlage. Die NIN 2025 unterscheidet folgende Varianten:

• Typ AC: Erkennt nur sinusförmige Wechselströme. Einsatz nicht mehr zulässig.

• Typ A: Erkennt zusätzlich pulsierende Gleichfehlerströme mit 50 Hz (Pulsstromsensitiv). Standard in Wohnbauten.

• Typ F: Erkennt Mischfrequenzfehlerströme bis 1 kHz und ist geeignet für Verbraucher mit Frequenzumrichtern wie z.B. Schweissgeräte, Wärmepumpen, Waschmaschinen oder Trockner.

• Typ B: Erkennt Mischfrequenzfehlerströme bis 1 kHz und glatte Gleichfehlerströme (Allstromsensitiv). Pflicht bei PV-Anlagen (wenn keine interne Überwachung vorhanden ist), USV-Anlagen, Frequenzumrichtern und Wallboxen.

• Typ B+: Erweiterung des Typs B (Allstromsensitiv) mit erhöhter Frequenzempfindlichkeit bis 20 kHz. Empfohlen für medizinische Einrichtungen oder erhöhten Brandschutz.

Die zusätzlichen Varianten EV (Ladeinfrastruktur) und MI (mobile Installationen) sind hier nicht aufgeführt.

Die Auswahl des geeigneten RCDs hängt von den angeschlossenen Betriebsmitteln ab. Die Prüfung muss dem jeweiligen Typ gerecht werden – insbesondere bei Typ B, bei dem auch Gleichfehlerströme und Mischfrequenzen bis 1 kHz erfasst werden müssen. Ebenso gilt es den Einsatzbereich zu beachten, ein RCD mit einem Nennfehlerstrom von 30 mA wird primär für den Personenschutz bei Steckdosen, Beleuchtungen, Badezimmer eingesetzt, jene mit 300 mA beispielsweise für feuergefährliche Betriebsstätten (erhöhter Brandschutz).

Prüfverfahren mit Installationstestern

Bevor mit einem Installationstester Messungen durchgeführt werden, ist eine manuelle Betätigung der Prüftaste am RCD erforderlich.

Die NIN 2025 fordert, dass die Wirksamkeit der Schutzmassnahmen überprüft werden muss. Für RCDs bedeutet dies, dass deren Auslöseverhalten unter definierten Fehlerbedingungen getestet wird. In der NIN 2025 ist im Kapitel 6.1.3.7 folgende Übersicht zu finden:

  • RCD Typ A oder Typ F: Nachweis der erforderlichen Abschaltzeit bei IΔn mittels Prüfgerät nach SN EN 61557-6 für Typ A
  • RCD Typ B oder B+: Nachweis der erforderlichen Abschaltzeit bei I∆n mittels Prüfgerät nach SN EN 61557-6 für Typ «A» und «B». Hinweis: Die Einstellung des Prüfgeräts für die Prüfung des DC-Systems ist den Herstellerangaben zu entnehmen.
  • Selektive RCD: Bei selektiven Auslösungen ist zu beachten, dass die maximale Abschaltzeit bei 500 ms liegt, wenn sie mit I∆n geprüft werden. Daher ist auf dem Prüfgerät zusätzlich die Einstellung «S» anzuwählen.

Prüfung von Typ A

Die Prüfung erfolgt mit Wechselströmen in definierter Stromstärke und Phase. Heutige Installationstester ermöglichen eine Prüfung in 0° und 180° Phasenlage, da manche RCDs nur in einer Richtung zuverlässig auslösen. Für die Durchführung dieser Messung können bei den meisten Messgeräten zwei Einzel-Messleitungen verwendet werden (L und PE) oder ein Prüfkabel mit T12-Stecker, wenn direkt an einer Steckdose gemessen wird.

Folgende Prüfungen sind gängig:

  • 0,5 × IΔn (z. B. weniger als 15 mA bei einem 30 mA-RCD): darf nicht auslösen (ausser es fliesst bereits Strom auf dem PE-Leiter)
  • 1 × IΔn: muss innerhalb 300 ms auslösen
  • Optional: Rampentest zur Ermittlung der tatsächlichen Auslöseschwelle (Achtung, beim RCD Typ A ist ein Auslösestrom bis max. 42 mA zulässig -> Faktor 1.4 gemäss Charakteristik)
Messen
Auszug Messen gemäss NIN 2025, Seite 37
Quelle: Electrosuisse
Typ A
Megger MFT1845+: Fehlerstromverlauf inkl. Vorprüfung bei 30 mA / 50 Hz mit pulsförmigem Verlauf -> typisch für RCD Typ A.
Quelle: Recom

Prüfung von Typ F

Entgegen vielen Behauptungen von Messgeräteherstellern, welche den RCD Typ F als Einzigartigkeit anpreisen und diese in den Einstellungen zur Auswahl geben, wird dieser genau wie ein FI Typ A mit einem pulsförmigem Fehlerstrom geprüft. Es gibt keinen Installationstester auf dem Markt, welcher bei der Fehlerstromsimulation noch ein hochfrequentes Signal von z.B. 1 kHz aufmoduliert.

Typ F
Sonel MPI-540: pulsförmiger Fehlerstrom bis zur Auslösung.
Quelle: Recom

Prüfung von Typ B

Typ-B RCDs stellen erhöhte Anforderungen an das Prüfgerät. Hier muss ein linear ansteigender Gleichstrom eingespeist werden, der bis zu einer definierten Schwelle reicht. Bei allen Messgeräten müssen alle drei Messleitungen verwendet werden (L, N und PE). Wichtig ist, dass nebst dem DC-Teil auch der AC-Teil überprüft werden muss. Moderne Installationstester, wie z.B. der Megger MFT-X1, bieten dazu einen automatischen Test beim Typ EV A/B (30 mA AC und 30 mA DC-Teil) an.

Die erste Messung deckt den AC-Teil ab (Typ A Modus). Die zweite Messung ist für den DC-Teil (Typ B Modus) mit linearem Anstieg (Rampentest): 

Typ
Quelle: Recom
Typ B
C.A 6117: Überprüfung des DC Teils -> negativer Gleichfehlerstrom bis zur Auslösung.
Quelle: Recom
Typ B
C.A 6117: Überprüfung des AC-Teils -> pulsförmigem Fehlerstrom (0 – 30 mA) bis zur Auslösung.
Quelle: Recom

Prüfung von Typ B+

Typ-B+ RCDs stellen identische Anforderungen an das Prüfgerät wie der Typ-B. Auch hier muss ein linear ansteigender Gleichstrom eingespeist werden, der bis zu einer definierten Schwelle reicht. Bei allen Messgeräten müssen alle drei Messleitungen verwendet werden (L, N und PE). Auch hier ist wichtig, dass nebst dem DC-Teil auch der AC-Teil überprüft werden muss.

Typ B+
Fluke 1664: Überprüfung des DC Teils -> negativer Gleichfehlerstrom bis zur Auslösung.
Quelle: Recom
Typ B+
Fluke 1664: Überprüfung des AC Teils -> pulsförmigem Fehlerstrom (0 – 30 mA) bis zur Auslösung.
Quelle: Recom

Prüfung von Typ A-EV

Typ-A-EV RCDs stellen ähnliche Anforderungen an das Prüfgerät wie beim Typ-B. Der Unterschied ist, dass hier die Schwelle von 6 mA von der internen Gleichfehlerstromüberwachung einer Wallbox (RDC-DD Residual Direct Current Detecting Device) gemäss IEC 62955 überprüft werden muss. Da beim DC-Teil eine Auslöseverzögerung bis 10 s bei Auslöseströmen kleiner als 10 mA erlaubt sind, wird eine sogenannte Rampenmessung durchgeführt. Die Auslösung erfolgt in der Praxis zwischen 6 bis 8 mA, je nach Modell.

Ein Funktionsprüfadapter für die Freischaltung einer Ladeeinrichtung (Wallbox) wird zusätzlich benötigt. Bei allen Messgeräten müssen alle drei Messleitungen verwendet werden (L, N und PE). Wichtig ist, dass nebst dem DC-Teil auch hier der AC-Teil überprüft werden muss.

Typ A-EV
Megger MFT1825: Überprüfung des DC-Teils -> positiver Rampentest bis zur Auslösung.
Quelle: Recom
Typ A-EV
Megger MFT1825: Überprüfung des AC Teils -> pulsförmigem Fehlerstrom (0 – 30 mA) bis zur Auslösung.
Quelle: Recom

Fazit

Die Prüfung von Fehlerstrom-Schutzschaltern gehört zu den sicherheitsrelevanten Tätigkeiten in der Elektroinstallation. Mit Einführung der NIN 2025 wird das Prüfen nochmals klarer definiert. Moderne Installationstester bieten dem Elektrofachmann dafür umfassende Unterstützung. Entscheidend bleibt jedoch die Kenntnis der RCD-Typen, der richtigen Prüfverfahren und der normativen Anforderungen. Nur wer regelmässig prüft und korrekt dokumentiert, sorgt für eine dauerhaft sichere elektrische Anlage – und steht auch bei Inspektionen und Nachweisen auf der sicheren Seite.

recom.ch