PV-Überschuss – So rechnet sich die Solaranlage
Die Solarenergie verzeichnet in den letzten Jahren ein beispielloses Wachstum und ist auf dem besten Weg, neben der Wasserkraft zur zweiten tragenden Säule der Schweizer Stromversorgung zu werden. Für Herausforderungen wie die Winterlücke und negative Strompreise bietet das neue Stromgesetz zudem Lösungen, beispielsweise durch virtuelle Zusammenschlüsse zum Eigenverbrauch oder lokale Elektrizitätsgemeinschaften. Gerade für überschüssig produzierten Solarstrom gibt es damit lukrativere Möglichkeiten, als sie dem Energieversorger zu verkaufen.
Die Leistung einer Solaranlage variiert je nach Jahreszeit, Tageszeit und Wetterbedingungen: Bei Sonnenschein wird mehr Strom erzeugt, oft mehr als benötigt, und im Winter deutlich weniger. Aktuell verkaufen Solar-Anlagebesitzer im Durchschnitt rund 50 Prozent ihres selbst erzeugten Stroms an lokale Energieversorger, wobei die Rückliefertarife je nach Anbieter und im Jahresverlauf stark variieren. Die Rückliefervergütungen werden weiter sinken, was die Rentabilität von Solaranlagen negativ beeinflussen könnte. Diese Planungsunsicherheit bremst den nötigen Ausbau von Solaranlagen auf bestehenden Infrastrukturen.
Erzeugter Strom möglichst selbst nutzen
Für Solarstromproduzenten ist es finanziell vorteilhaft, möglichst viel des selbst produzierten Stroms auch selbst zu verbrauchen. Solarstrom vom eigenen Dach ist in der Regel günstiger als der Strombezug beim Energieversorger. Zur Steigerung des Eigenverbrauchs bieten sich Batteriespeicher an, die mittlerweile wirtschaftlich attraktiver geworden sind.
Wichtig ist zudem, im eigenen Haus ein intelligentes Energiesystem zu installieren, beispielsweise das «Helion One». Dieser Mini-Computer vernetzt die Solaranlagen mit den grossen Verbrauchern wie Wärmepumpen, Stromspeichern und mehreren Hundert weiteren Energiegeräten und steuert sie. Das intelligente Energiesystem optimiert Stromproduktion und -verbrauch, für einen maximalen Eigenverbrauch. Das Gebäude wird so zu einem intelligenten Solarkraftwerk, das Mobilität, Energie und Infrastruktur verbindet und damit auch das öffentliche Netz entlastet. Auch der Verkauf von überschüssig produziertem Strom kann über das System abgewickelt werden.
Dank Nachbarschafts-Strom noch mehr Eigenverbrauch
Seit Inkrafttreten des neuen Stromgesetzes ist es möglich, den selbst produzierten Strom auch Nachbarliegenschaften zur Verfügung zu stellen. Man schliesst sich mit den Nachbarn zum virtuellen Eigenverbrauch (vZEV) zusammen. Im Unterschied zum seit 2018 möglichen Zusammenschluss zum Eigenverbrauch (ZEV) braucht es keine eigene teure Messinfrastruktur. Die Messdaten der vorhandenen Zähler werden mit einem virtuellen Zähler zusammengefasst und der Solarstrom-Anteil unter den teilnehmenden Parteien aufgeteilt. Man schliesst sich also virtuell zum Eigenverbrauch zusammen. Das ist auch für Miet- beziehungsweise Mehrfamilienhäuser spannend, da der teure Austausch von Zählern wegfällt. Zudem lohnt sich ein vZEV, weil Netzgebühren und Abgaben seitens VNB wegfallen, denn vZEV gilt als Eigenverbrauch, auch wenn die Anschlussleitungen des öffentlichen Stromnetzes genutzt werden.


Noah Heynen, CEO Helion Energy AG, erklärt: «Angenommen, ich erhalte vom Energieversorger 10 Rappen pro kWh für meinen überschüssig produzierten Strom. Meinem Nachbarn verkaufe ich diesen für 20 Rappen. Das ist günstiger, als wenn er ihn beim Energieversorger bezieht, wo er rund 30 Rappen zahlen muss. Damit profitieren wir beide.»
Nachbarschaftsstrom bereits Realität
In Arch (BE) hat sich Heiko Salvisberg bereits 2024 mit seinem Nachbarn Stefan Schurter für einen virtuellen Zusammenschluss angemeldet, er ist überzeugt, dass es sinnvoll ist, auf regionale Stromproduktion zu setzen. «Meinen selbst produzierten Strom gemeinsam mit dem Nachbarn zu verbrauchen, erhöht die Unabhängigkeit und entlastet das Stromnetz», erklärt er seine Beweggründe und ergänzt: «Den Strom unmittelbar dort zu verbrauchen, wo er produziert wird, trägt dazu bei, die Kosten für den teuren Netzausbau zu reduzieren.»
Heiko Salvisberg hat bereits eine Wärmepumpe und eine Ladestation für seine Elektrofahrzeuge, und trotzdem produziert seine Solaranlage genügend Strom, um auch das Nachbarhaus tagsüber zu versorgen. Deshalb habe er seinen Nachbarn gefragt, ob er Interesse habe, Solarstrom von seiner Anlage zu beziehen. Eigentlich plant dieser selbst die Installation einer eigenen Solaranlage. Zuvor steht jedoch eine Dachsanierung an. Bis er selbst Solarstrom produzieren kann, wird er den Strom deshalb von Heiko Salvisberg beziehen und somit von günstigeren Strompreisen durch lokal erzeugten Sonnenstrom profitieren.
«Ich gehe davon aus, dass ich durch den vZEV den Eigenverbrauch verdoppeln kann. Vorher werde ich zudem noch einen Speicher installieren, um das Maximum aus meiner Solaranlage herauszuholen. Mein Ziel ist, so viel von meiner Energie wie möglich selbst oder mit Nachbarn zu verbrauchen, statt sie zu niedrigen Tarifen ins öffentliche Stromnetz des lokalen Elektrizitätswerks einzuspeisen», erläutert Heiko Salvisberg.
Was braucht es für einen virtuellen ZEV?
Für einen virtuellen Zusammenschluss zum Eigenverbrauch benötigen die beteiligten Parteien einen Smart Meter des Verteilnetzbetreibers (VNB) und einen Adapter, der auf dem Zähler angebracht wird. Weitere Komponenten sind nicht erforderlich. Der VNB behandelt den vZEV als Einheit, das heisst, Heiko Salvisberg und sein Nachbar gelten als ein Kunde. Vertragspartner gegenüber dem VNB ist der Solarproduzent, also Heiko Salvisberg. Die Messdaten der beiden Smart Meter werden vom VNB zu einem virtuellen Zähler zusammengerechnet. Heiko Salvisberg erhält die Stromrechnung und rechnet anschliessend den Solarstrom-Verbrauch mit seinem Nachbarn ab. Helion One ist nicht nur dazu da, den Verbrauch optimal zu steuern, sondern dient auch dazu, den vZEV abzurechnen. Das intelligente Energiesystem zeigt auf, wie viel Solarstrom und wie viel Netzstrom die Parteien jeweils verbraucht haben. Der Anteil des Solarstroms wird auf Basis des tatsächlichen Verbrauchs berechnet.
Voraussichtlich ab 2026 wird der vZEV auf den nächsten Level gehoben: Ab dann können lokale Elektrizitätsgemeinschaften (LEG) gebildet werden. Damit kann der lokal produzierte Solarstrom auch innerhalb einer Gemeinde vermarktet werden.
Mehr Batteriespeicher, Flexibilitäten managen, Stromnetz entlasten
Mit mehr Batteriespeichern und mehr Flexibilitäten in Gebäuden können Produktionsspitzen geglättet und dadurch das Stromnetz entlasten werden. Das hilft, teuren Netzausbau zu reduzieren und vermeiden. Mit dem Managen von Flexibilitäten werden Erzeugung, Verbrauch und Speicherung von Energie dynamisch an wechselnde Bedingungen angepasst. Dies hilft dabei, das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage im Stromnetz zu halten, was entscheidend ist für die Stabilität und Zuverlässigkeit des gesamten Systems. «In Zeiten hoher Nachfrage kann der Stromverbrauch reduziert oder verschoben werden, um das Schweizer Stromnetz zu entlasten. Mit der Elektromobilität steht uns künftig ein riesiger und flexibler Batteriespeicher zur Verfügung», betont Noah Heynen. Durch Vehicle-to-Grid (V2G) und Vehicle-to-Home (V2H) beziehungsweise das bidirektionale Laden dienen Autobatterien nicht nur dem Fahren, sondern können auch überschüssigen Strom speichern und bei Bedarf ins Haus oder ins Stromnetz zurückspeisen.
«Der überschüssig produzierte Strom muss nicht zwingend dem lokalen Energieversorger verkauft werden. Helion hat dazu verschiedenste Angebote für ihre Kundschaft ausgearbeitet», betont Noah Heynen. Kunden können ihre überschüssig produzierte Strommenge, die sie selbst nicht brauchen, beispielsweise an individuelle fixe Abnehmer (Nachbartarif bzw. vZEV, LEG), Grossverbraucher wie Unternehmen (Partnertarif) oder an der Schweizer Strombörse veräussern und so mehr Geld aus ihrer Anlage herausholen.