Die passenden Schuhe finden

Sicherheits- und Berufsschuhe: Das «richtige» Schuhwerk für den Arbeitsalltag zu finden ist gar nicht so einfach. Ein Blick auf die wichtigsten Normen, die Kennzeichnungen und die elektrostatische Entladung.

Sicherheitsschuhe
Beispiel eines Arbeitsschuhs mit der Kennzeichnung «S1PL», geprüft nach EN ISO 20345:2022: Die metallfreie «Dura»-Serie von Stuco mit durchtrittsicherer Sohle und wasser-diffusierendem Obermaterial.
Quelle: Stuco

Die VUV (Verordnung über Unfallverhütung) schreibt vor, dass jede Person vor möglichen Arbeitsunfällen zu schützen ist, indem die entsprechende persönliche Schutzausrüstung zur Verfügung gestellt wird (PSA). Es ist deshalb immer sinnvoll, eine gründliche Arbeitsplatzanalyse vorzunehmen, um die «richtige» beziehungsweise notwendige Ausrüstung bereitzustellen.

Die Normen

Sicherheits- und Berufsschuhe unterliegen in Europa (und der Schweiz) einer einheitlichen Normengrundlage, bestehend aus: 

  • EN ISO 20344 – Normengrundlagen (und Prüfverfahren etc.)
  • EN ISO 20345 – Normenbeschreibung für Sicherheitsschuhe
  • EN ISO 20347 – Normenbeschreibung für Berufsschuhe

Schuhe nach EN ISO 20346 (Schutzschuhe) werden heute eigentlich nicht mehr verwendet und auch nicht mehr produziert. Schutzschuhe unterscheiden sich gegenüber Sicherheitsschuhen ausschliesslich durch den geringeren Zehenschutz (hält einer Energie von 100 Joule stand), welcher den aktuellen Anforderungen nicht mehr entspricht.

Doch nun stellt sich die Frage: Welche Schuhe benötige ich überhaupt? Grundsätzlich ist es wichtig zu wissen, dass alle Sicherheitsschuhe nach EN ISO 20345 über einen Zehenschutz verfügen, welcher vor herunterfallenden Gegenständen und vor statischem Druck schützt. Falls der Arbeitsplatz zusätzlich Metall-, Holz- oder Glassplitter aufweist oder aufweisen könnte, sollte ein Modell gewählt werden, welches über einen Durchtrittsschutz verfügt. Nach neuster Norm EN ISO 20345:2022 wird bei diesem Schutz von unterschiedlichen Materialien und Prüfverfahren unterschieden und entsprechend anders benannt.

  • Durchtrittsichere Sohle metallisch (4,5 mm Prüfnagel mit > 1100 N Durchstichkraft) = S3
  • Durchtrittsichere Sohle metallfrei (4,5 mm Prüfnagel mit keinem Durchstich bei 1100 N) = S3L
  • Durchtrittsichere Sohle metallfrei (3 mm Prüfnagel mit > 1100 N Durchstichkraft) = S3S

Ist das verwendete Obermaterial wasser-diffusierend, also lässt eine gewisse Menge Feuchtigkeit innerhalb von 90 Minuten durch, sind die oben aufgeführten Prüfnormen gekennzeichnet als S1P (S3), S1PL (S3L) und S1PS (S3S).

Zu kompliziert? Es kommt noch heftiger:

  • Durchtrittsichere Sohle metallisch, Schuh wasserdicht (4,5 mm Prüfnagel) = S6
  • Durchtrittsichere Sohle metallfrei, Schuh wasserdicht (4,5 mm Prüfnagel) = S7L
  • Durchtrittsichere Sohle metallfrei, Schuh wasserdicht (3 mm Prüfnagel) = S7S

ESD nicht gleich isolierend

Sind Schuhe mit der Kennzeichnung ESD (Electrostatic Discharge) eine Notwendigkeit oder eher ein Trend? Eine elektrostatische Entladung findet nur dann statt, wenn auch eine Aufladung stattfindet. Zum Beispiel beim Laufen über Kunststoffböden, bei Reibung auf synthetischer Kleidung oder Reibung auf Kunststoffbehältern. Ein wichtiger Faktor stellt jedoch auch die Luftfeuchtigkeit dar. Je geringer die Luftfeuchtigkeit, desto höher ist die Gefahr von elektrischer Aufladung. Eine ideale Luftfeuchtigkeit liegt bei 40 bis 60 Prozent.

Natürlich ist es angenehmer, keinen ‹Schlag› abzubekommen, aber ESD soll insbesondere Produkte und Einrichtungen schützen.
Benjamin Kauz, Geschäftsführer der Stuco AG
Berufsunfälle mit Fussverletzungen

Im Bereich der Elektroinstallation und des Netzbaus registrierte die Suva in den Jahren 2019 bis 2023 insgesamt 4335 Fussverletzungen. Dazu gehören Verletzungen am Fussgelenk, Mittelfuss und an Zehen. Pro Jahr waren das im Durchschnitt 867 Fälle, was einem Anteil von 12,2 % aller Berufsunfälle im erwähnten Bereich entspricht. Im Vergleich zu anderen Körperteilen stehen Verletzungen am Fussgelenk (9,5 %) an dritter Stelle, gefolgt von Verletzungen an Fingern (18,5 %) und Augen (18,2 %).

Kommt es anschliessend zu einer Entladung, wird es «spannend» – und kann im schlimmsten Fall zu Funkenflug kommen, was nicht nur unangenehm, sondern auch unzumutbar ist am Arbeitsplatz. Da kommen die ESD-geprüften Sicherheitsschuhe gerade recht, oder? Jein. Natürlich ist es angenehmer, keinen «Schlag» abzubekommen, aber ESD soll insbesondere Produkte und Einrichtungen schützen. Dabei gibt es zwei Messmethoden: EN 61340-5-1 (Durchgangswiderstand des Systems Mensch-Schuh-Boden) und EN 61340-4-3 (klimatische Bedingungen wie Temperatur und Luftfeuchtigkeit). Die Prüfnorm sieht für alle Sicherheitsschuhe eine Antistatik vor, jedoch ist diese vorgegeben mit einem Durchgangswiderstand von 100 kOhm bis 1000 mOhm. Das soll hier mit der Übersicht der Grenzwerte des Durchgangswiderstands vertieft betrachtet werden:

  • Schuhe nach BGR 132: max. 100 mOhm (werden auch als «ESD-fähig» bezeichnet)
  • ESD-Schuhe: max. 35 mOhm, min. 750 kOhm (ESD nach EN 61340)
  • Antistatische Schuhe: max. 1000 mOhm, min 100 kOhm (Schuhe geprüft nach EN ISO 20345/20347)
  • Leitfähige Schuhe: max. 100 kOhm

Die Messspannung beim Prüfverfahren ist jeweils maximal 100 Volt. Sicherheits- und Berufsschuhe sind also bereits gemäss Norm antistatisch und führen Spannungen ab. ESD-zertifizierte Schuhe schützen Einrichtungen und Produkte vor zu starker Entladung und sind sinnvoll (beziehungsweise notwendig) bei Arbeiten in Ex-Zonen (Explosionsgefahr), Arbeiten an sensiblen Elektronikprodukten (Halbleiter, Leiter, Smartphones oder Computer etc.).

Somit ist es sinnvoll, ESD-geprüfte Schuhe zu tragen, wenn spezifische Produkte oder Einrichtungen geschützt werden müssen. In allen anderen Fällen reichen Sicherheits- und Berufsschuhe nach EN ISO, da diese ohnehin bereits antistatisch geprüft wurden.

Schützen ESD-Schuhe auch gegen (Hoch-)Spannung?

Selbstverständlich nein. Gegen Schlag bei Spannung kann nur isolierendes Schuhwerk schützen (z.B. Gummistiefel), dieses aber auch nur bedingt. Denn benötigt wird ebenfalls der Schutz der Hände (Gummihandschuhe) und des Gesichts (Visier) sowie der Kleidung. Ist die Bekleidung zu lang, feucht oder werden keine Socken getragen, hat die Spannung ein leichtes Spiel.

Gummistiefel sind natürlich auch als Sicherheitsstiefel erhältlich. Dabei stehen die Normbezeichnungen S4 für Stiefel mit Zehenschutz und die S5, S5L und S5S (wie eingangs erwähnt) für Stiefel mit Zehenschutz und Durchtrittsschutz.

Die «richtigen» Sicherheits- oder Berufsschuhe zu finden ist also nicht ganz so einfach wie vielleicht gedacht. Es bedarf einer sorgfältigen Analyse mit entsprechender Auswahl. Dabei ist es hilfreich, sich das Know-how der Sicherheitsschuh-Hersteller zunutze zu machen. Stuco, zum Beispiel, entwickelt, designt und produziert Sicherheits- und Berufsschuhe als einer der wenigen Hersteller noch zu 100 Prozent innereuropäisch in einem eigenen Werk her.

stuco.ch

Zusätzliche Schutzfunktionen

Die Schutzfunktion von Sicherheitsschuhen gegen elektrische Gefährdungen ist abhängig von ihrem Durchgangswiderstand. Es werden drei Arten von Sicherheitsschuhen unterschieden:

  • elektrisch leitfähige Schuhe (Kennzeichnung C)
  • antistatische Schuhe (Kennzeichnung A)
  • elektrisch isolierende Schuhe (Kennzeichnung I)

Sicherheitsschuhe können neben dem Schutz vor elektrischen Gefahren auch zusätzliche Schutzfunktionen aufweisen.

  • WR Wasserdicht
  • M Mittelfussschutz
  • AN Knöchelschutz
  • WRU Wasserdurchtritt und Wasseraufnahme des Schuhoberteils
  • CR Schnittfestigkeit des Schuhoberteils
  • HRO Thermisches Verhalten der Sohle
  • FO Kraftstoffbeständigkeit der Laufsohle. Nur bei Berufsschuhen (bei Sicherheits- und Schutzschuhen ist dies eine Grundanforderung)
  • P Durchtrittsicherheit. Ein bestimmter Werkstoff für die durchtrittsichere Einlage ist nicht vorgeschrieben. Die Prüfung erfolgt nach EN ISO 20344. Die Einlage darf ohne Zerstörung des Schuhs nicht entfernt werden können.
  • E Energieaufnahmevermögen im Fersenbereich
  • (keine) Konstruktion des Schuhoberteils
  • (keine) Profilierte Flächen der Laufsohle, Profiltiefe und Dicke der profilierten Laufsohle
  • HI Wärmeisolierung des Sohlenkomplexes
  • CI Kälteisolierung des Sohlenkomplexes
  • SRA Rutschhemmung auf Boden aus Keramikfliesen mit NaLS
  • SRB Rutschhemmung auf Stahlboden mit Glycerol
  • SRC Erfüllt die Rutschhemmung nach SRA und SRB

suva.ch