Mit Open-Source-Server zum unabhängigen und zukunftssicheren Smart Home
iCasa Smarthome hat mit ihrem auf Open-Source-Software basierenden Server den KNX Award 2024 in der Kategorie Publicity gewonnen. Grund genug, uns mit Heinz Bruhin, Geschäftsführer des Unternehmens, zu unterhalten – über die Auszeichnung, KNX, Home Assistant und insbesondere den Unterschied zwischen offenen Systemen gegenüber ihren proprietären Pendants.
Herzlichen Glückwunsch, Sie haben mit Ihrem Server, der vollständig auf offener Software basiert, den KNX-Award 2024 in der Kategorie «Publicity» gewonnen. Was bedeutet Ihnen diese Auszeichnung?
Heinz Bruhin: Der Award bedeutet uns sehr viel und ist eine wertvolle Anerkennung unserer Arbeit. Unser Ziel war es von Anfang an, mit unserem vollständig auf Open-Source-Software basierenden Server Transparenz, Unabhängigkeit und Nachhaltigkeit in der Gebäudetechnik zu fördern. Diese Auszeichnung zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind und motiviert uns, unsere Vision von offenen, flexiblen und zukunftssicheren Smart-Home-Lösungen weiter voranzutreiben.
Erzählen Sie uns ein wenig mehr über die prämierte Lösung...
Heinz Bruhin: Wir möchten mit unserem Server beweisen, dass offene Lösungen in der Lage sind, leistungsstarke, benutzerfreundliche und sichere Anwendungen bereitzustellen – ohne die Einschränkungen proprietärer Systeme. Genau hier setzt unser «Award-Winner» an: Ein vollständig auf Open-Source-Software basierender Smart-Home-Server, der speziell für die Gebäudeautomation entwickelt wurde. Der Server bietet maximale Flexibilität und Unabhängigkeit, indem er die Kontrolle über das System an die Anwender zurückgibt. Dank vollständiger KNX-Kompatibilität lässt sich unsere Lösung problemlos in bestehende Systeme integrieren, bleibt aber durch die offene Architektur erweiterbar und zukunftssicher. Mit Transparenz und Sicherheit im Fokus ermöglicht der Server eine genaue Nachvollziehbarkeit und flexible Anpassbarkeit – ohne Abhängigkeit von Herstellern. Wir freuen uns, dass diese Herangehensweise Anerkennung findet und hoffen, dass sie ein Umdenken hin zu offenen Lösungen in der Gebäudetechnik fördert.
Sie erwähnen es gleich selbst: Sie sind starker Verfechter von offenen Systemen. Welche Risiken sehen Sie denn bei der Implementierung proprietärer Systeme, insbesondere im Hinblick auf langfristige Nachhaltigkeit und Nutzerunabhängigkeit?
Heinz Bruhin: Proprietäre Systeme binden Nutzer langfristig an Hersteller und bergen das Risiko, dass Support oder Updates plötzlich wegfallen. Diese Abhängigkeit kann die Flexibilität und Erweiterungsmöglichkeiten einschränken und die Integration neuer Technologien erschweren. Zudem bleibt der Quellcode oft verschlossen, was die Datensicherheit und Transparenz reduziert. Im Gegensatz dazu bieten offene Systeme wie beispielsweise KNX und Home Assistant Unabhängigkeit: Sie sind flexibel erweiterbar, gut integrierbar und transparent, wodurch sie langfristig sicherer und zukunftsfähiger sind.
Welche potenziellen Herausforderungen können durch zentralisierte Server-Architekturen in proprietären Haussteuerungssystemen hinsichtlich ihrer Zuverlässigkeit und Funktionalität entstehen?
Heinz Bruhin: Fällt der zentrale Server eines proprietären Systems aus, sind sämtliche Funktionen wie Beleuchtung, Jalousien, Klimasteuerung und andere Systeme nicht mehr verfügbar. Gründe für einen Ausfall können defekte Hardware, eine technische Störung, Wartung oder Netzwerkprobleme sein. Ein Ausfall eines zentralen, bereits älteren Servers kann zudem hohe Kosten nach sich ziehen. Oft veralten solche Systeme schnell, und es gibt keine einfache Lösung, sie auf einen neuen Server zu übertragen. Genau in solchen Situationen wird Kunden die Problematik dieser proprietären Systeme deutlich. Im Gegensatz dazu bieten dezentrale, lokal betriebene Lösungen eine stabile und zuverlässige Infrastruktur, da sie unabhängig von einer externen Serververbindung funktionieren. Auch bei einem Ausfall des Netzwerks bleiben alle grundlegenden Funktionen erhalten.
KNX ist seit über 35 Jahren Industriestandard. Welche technischen Vorteile bietet denn die Punkt-zu-Punkt-Verbindung von KNX Ihrer Meinung nach gegenüber zentralisierten Server-Architekturen in Bezug auf die Systemzuverlässigkeit?
Heinz Bruhin: Es gibt einige Merkmale, die KNX besonders zuverlässig und robust machen: Beispielsweise die erwähnte Ausfallsicherheit, Unabhängigkeit und Echtzeit-Steuerung. Da die Geräte direkt miteinander kommunizieren, hat ein Ausfall eines einzelnen Geräts oder Servers kaum Einfluss auf grundlegende Funktionen. KNX benötigt zudem keine ständige Internetverbindung, was es unempfindlich gegenüber Netzwerkproblemen oder externen Angriffen macht. Dank Echtzeit-Steuerung werden Befehle ausserdem direkt und schnell ausgeführt, ohne durch Server- oder Netzwerklatenzen verzögert zu werden.
Und wie können sich nicht mehr gepflegte Server auf Programmier- und Visualisierungsmöglichkeiten eines Smart-Home-Systems auswirken?
Heinz Bruhin: Hier können vielfältige negative Auswirkungen auftreten. Ältere Server bieten oft nur noch eingeschränkte Möglichkeiten zur Anpassung und Erweiterung. Neue Funktionen oder Geräte lassen sich möglicherweise nicht mehr integrieren. Da proprietäre Systeme oft auf geschlossenen Softwareplattformen basieren, erhalten diese auch öfters keine Updates mehr. Dies schafft Sicherheitslücken und verhindert die Unterstützung neuer Technologien zusätzlich. Als weiterer wichtiger Punkt möchte ich das Thema Wartung anschneiden. Diese wird bei veralteten Systemen zwangsläufig zeitaufwendig und somit teuer, besonders wenn nur noch begrenzte Ersatzteile oder Fachkenntnisse zur Verfügung stehen.
Sie bieten bei ihren Projekten oftmals eine Kombination von Home Assistant in Verbindung mit KNX an. Welche Vorteile ergeben sich daraus?
Heinz Bruhin: Home Assistant fungiert als zentrale Steuerungsebene, die eine einfache Integration und Steuerung von KNX-Komponenten mit einer Vielzahl anderer Systeme ermöglicht. So kann das KNX-System mit unterschiedlichen Technologien kombiniert und erweitert werden. Die Vorteile sind vielfältig: Beispielsweise eine benutzerfreundliche Oberfläche zur Visualisierung und Steuerung von Geräten, die sich individuell anpassen lässt, was eine einfache Bedienung und Übersichtlichkeit für den Anwender gewährleistet. Mit Home Assistant lassen sich auch komplexe Automatisierungen und Szenarien erstellen, die auf KNX-Geräten basieren. Nutzer können problemlos erweiterte Funktionen wie Zeitsteuerungen, Event-basierte Aktionen oder Integrationen mit anderen Smart-Home-Systemen realisieren. Beide Systeme sind zudem offen und bieten kontinuierliche Updates und Erweiterungen durch eine aktive Entwicklergemeinschaft. Dadurch bleiben sie anpassbar und zukunftssicher, auch wenn neue Technologien auf den Markt kommen. Ein grosser Vorteil ist ausserdem, dass Home Assistant lokal betrieben werden kann, ohne auf die Cloud angewiesen zu sein.
Variante A: Das komplette System ist proprietär und birgt somit eine grosse Abhängigkeit. Die Sensoren, Aktoren und oftmals auch der Gebäudebus sind herstellerabhängig.
Variante B: Dies ist die aktuell meistverwendete Variante. Es wird ein offener Gebäudebus (wie z.B. KNX) verwendet. Jedoch ist der Server herstellerabhängig.
Variante C: Das komplette System von der Feld- bis zur Managementebene ist offen und unabhängig von jeglichem Hersteller oder Integrator.

Was sind die wichtigsten technischen Überlegungen bei der Migration von einem proprietären Smart-Home-System zu einem offenen System wie KNX mit Home Assistant? Welche Herausforderungen können dabei auftreten?
Heinz Bruhin: Das ist die entscheidende Frage, die sich jeder Eigentümer stellen sollte: Was passiert, wenn ich mit meiner aktuellen Smart-Home-Lösung oder dem gewählten Integrator unzufrieden bin? Kann ich das System oder den Dienstleister einfach austauschen? Leider zeigt unsere Erfahrung mit zahlreichen Anfragen, die uns jede Woche erreichen, dass der Umstieg von einem proprietären System oft mit erheblichen Kosten verbunden ist. Häufig ist es notwendig, alle Taster, Sensoren und Aktoren komplett zu ersetzen. In manchen Fällen ist ein Wechsel sogar kaum durchführbar, etwa wenn die Gegensprechanlage einer ganzen Überbauung fest ins proprietäre System eingebunden wurde. Hier wäre ein umfassender Umbau der gesamten Überbauung erforderlich, um auf ein offenes System wie KNX und Home Assistant umzustellen. Solche geschlossenen Systeme tragen letztlich dazu bei, dass der gute Ruf von Smart-Homes leidet.
Wie sieht es eigentlich mit Matter, dem «Hoffnungsträger» der Smart-Home-Welt, aus? Man bekommt das Gefühl, bei vielen Herstellern geht es nur zaghaft mit der Integration voran. Wie sehen Sie die Situation mit direktem Blick in die Branche?
Heinz Bruhin: Matter wird als einheitlicher Smart-Home-Standard gefeiert, doch die Integration durch die Hersteller verläuft langsamer als erwartet. Technische Hürden und umfassende Tests verzögern die Markteinführung bei vielen Anbietern. Home Assistant hingegen hat Matter frühzeitig integriert und erlaubt bereits jetzt die Einbindung und Automatisierung Matter-kompatibler Geräte. Mit seiner offenen Plattform und lokalen Steuerung bietet Home Assistant damit einen schnellen und datensicheren Zugang zu Matter, was ihn für Technikbegeisterte besonders attraktiv macht.
iCasa Smarthome bietet ein umfassendes Rundum-sorglos-Paket im Bereich Smart Home. Als Experte für modernste Technologien verbindet das Unternehmen umfassende Beratung, massgeschneiderte Lösungen und professionelle Umsetzung. Im KNX-Bereich bietet das Unternehmen fundierte Beratung zu Sensoren und Aktoren, erstellt präzise Raumbücher und sorgt mit professioneller KNX-Programmierung für eine reibungslose Umsetzung. Für Home Assistant liefert iCasa smarte Konfigurationen, visuelle Darstellungen und Automatisierungen. Individuelle Beratung und Schulung runden das Angebot ab, um Kunden bestmöglich zu unterstützen.
Am 28. März wird iCasa in Nuolen eine Schulung zum Thema «Erstelle ein faires Smarthome mit KNX und Home Assistant» durchführen. Nebst Einführung in KNX-Grundlagen werden am eintägigen Kurs ebenso die Möglichkeiten mit Home Assistant sowie die KNX-Integration thematisiert.