So wird das E-Auto zur Powerbank

Da eine E-Auto-Batterie in der Regel viel mehr als das tägliche Mobilitätsbedürfnis abdeckt, kann die freie Speicherkapazität dank bidirektionalem Laden vielseitig eingesetzt werden. So lässt sich tagsüber Solarstrom speichern und nachts ein Gebäude mit Strom versorgen. Das ergibt Sinn, denn Fahrzeuge sind im Schnitt über 23 Stunden am Tag blosse «Stehzeuge».

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Dank bidirektionalem Laden kann die freie Speicherkapazität von Elektroautos vielseitig eingesetzt werden.
Quelle: sun2wheel

Bidirektionales Laden ist die Zukunft. Es ermöglicht, Strom nicht nur in Richtung Batterie, sondern in beide Richtungen fliessen zu lassen. Die Batterie eines Elektroautos kann so als vorübergehender Energiespeicher genutzt werden, welcher den geladenen Strom bei Bedarf wieder abgibt. Im Gegensatz zu herkömmlichen AC-Ladestationen (Wechselstrom) sind die bidirektionalen Ladestationen heutzutage DC-Ladestationen (Gleichstrom). Dies ist notwendig, damit der Strom wieder aus der Batterie entladen werden kann, da der Onboard-Charger eines Elektroautos nicht bidirektional ist.

So könnte beispielsweise die eigens produzierte Sonnenenergie abends zum Kochen genutzt werden, auch wenn die Sonne nicht mehr scheint. Das Elektroauto wird durch die Bidirektionalität zum mobilen Pufferspeicher. Die Folge: Regenerative Energie kann besser genutzt werden und die Autarkie der Gebäude wird erhöht. Und wenn ab 2026 die Strommangellage im Schweizer Winter aufgrund des geänderten EU-Strom-Binnenmarktes akut werden sollte, kann das bidirektionale Elektroauto auch noch zum mobilen Stromgenerator werden, welcher die vom Ostral (Organisation für Stromversorgung in Ausserordentlichen Lagen) in Aussicht gestellten zyklischen 4-Stunden «induzierte Blackouts» locker überbrücken kann.

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Energiezähler mit Kommunikationsmodul links mit 4 LED. Das Kommunikationsmodul ist mit einem Patchkabel angeschlossen.
Quelle: sun2wheel

Fahrzeugauswahl wächst stetig

Das Elektroauto lässt sich also immer mehr in die Stromversorgung einkoppeln: Japanische Fahrzeuge (Nissan, Mitsubishi, Honda) können bidirektionales Laden bereits seit 2014 serienmässig. Ausschlaggebend war damals in Japan die Fukushima-Katastrophe, welche für grosse Blackouts sorgte. Immer mehr Fahrzeughersteller wie VW, Renault oder Tesla kündigen bidirektionales Laden für 2024 oder 2025 an. Hierzu müssen entweder die ISO-Norm 15118-20 oder die DIN-Specs in den Fahrzeugen implementiert sein.

 

CCS wird zum EU-Standard

Ein E-Auto kann aktuell nur über den DC-Stecker bidirektional geladen werden. Auf dem asiatischen Markt wird dafür der CHAdeMO-Stecker genutzt. Dies ist der DC-Standardstecker, den diese Fahrzeuge auch auf dem europäischen Markt heute noch tragen. In Europa löst der CCS-Stecker hingegen den CHAdeMO-Stecker immer mehr ab und wird zum DC-Standardstecker bei uns. Ob eines Tages auch bidirektionales Laden über AC möglich wird, also über den Typ-2-Stecker, ist aktuell unklar.

Schadet bidirektionales Laden der Autobatterie?

Eine Batterie ist dafür ausgelegt, dass beim Drücken des Pedals bis zu mehreren Hundert kW Leistung abgegeben werden kann. Eine bidirektionale Ladestation entlädt das Fahrzeug jedoch nur mit maximal 10 kW, was im Haushalt längstens ausreicht. Bidirektionales Laden

ist also für eine Autobatterie keine Belastung und hat sogar das Potenzial, die Lebensdauer einer Batterie zu verlängern, weil sie öfters im idealen Ladezustand ist.

V2X: Was ist möglich und erlaubt?

Vehicle-to-load (V2L): Strom aus einer Onboard-Steckdose für Geräte nutzen. Nur Inselanwendung, keine Anbindung in ein Hausnetz möglich! Dies ist uninteressant für weitere Anwendungen.

Vehicle-to-home (V2H): Strom aus dem Fahrzeug im Haus nutzen. Erhöhung des Eigenverbrauchsanteils sowie des Autarkiegrades, falls in Kombination mit einer Solaranlage. Dies ist standardmässig bereits heute möglich und erlaubt. Die bidirektionalen Ladestationen von sun2wheel werden heute hauptsächlich dafür eingesetzt. Durch die App von sun2wheel kann das Verhalten der Ladestation präzis gesteuert werden.

Vehicle-to-building (V2B): Strom aus dem Fahrzeug im Gebäude nutzen: Ein- und Mehrfamilienhaus sowie Gewerbe. Auch darunter zählt zum Beispiel das Peak-Shaving (Lastspitzenbrechen) in Industriegebäuden, womit monatlich grosse Kosteneinsparungen für Leistungsspitzen möglich werden. Ist heute normal erlaubt wie der Einsatz einer normalen stationären Batterie. Über das Lastmanagement können hier ganze Flotten sinnvoll gesteuert werden. Sun2wheel hat hierfür sogar eigens ein Simulationstool entwickelt.

Vehicle-to-grid (V2G): Strom aus dem Fahrzeug gezielt im öffentlichen Netz nutzen. Das Stromnetz kann stabilisiert werden (Primär- und Sekundärregelung), leistungsstarke virtuelle Kraftwerke sind möglich! Dies ist heute erst im Forschungsprojekt «V2X-Suisse» anwendbar und noch nicht für die Privatanwendung freigegeben.

Förderung wird ausgebaut

Batterien im Auto weisen mit 50 bis 100 kWh eine sehr grosse Kapazität auf: ein Vielfaches einer typischen stationären Hausbatterie mit 5 bis 15 kWh. Der Zugang zu einer Autobatterie ist also energetisch gesehen sehr wertvoll. Deswegen wurden erste spezifische Förderprogramme für bidirektionale DC-Ladestationen erstellt. Der Kanton Bern fördert seit einigen Jahren, als erster Kanton überhaupt, bidirektionale Ladestationen für KMUs. Die Kantone Zürich und Tessin machen dasselbe, aber erfreulicherweise auch für Privatpersonen.

Was gibt es bei der Installation zu beachten?

Für eine bidirektionale Ladestation benötigt es einen dreiphasigen Stromanschluss (400V) und eine Internetverbindung mit LAN-Kabel (RJ45 Patchkabel). Das LAN-Kabel wird in der Regel über einen Switch auf den Router des Hauses geführt.

Lastmanagement und Kompatibilität

Damit das Lastmanagement weiss, was gerade im Gebäude und bei der Solaranlage passiert, werden zwei Energie-Zähler von sun2wheel in das Elektrotableau eingebaut. Diese messen einerseits die Bilanzsumme am Einspeisepunkt und andererseits die Produktionsleistung der Solaranlage. Anhand dieser Daten weiss das System, mit welcher Leistung es das Auto laden oder entladen soll. Damit ist das System kompatibel mit allen Solaranlagen und eine Nachrüstung problemlos möglich.

Forschungsprojekt V2X Suisse

Das Forschungsprojekt V2X Suisse ist national wie auch international ein bemerkenswerter Meilenstein. Das Projekt umfasst 50 bidirektionale Fahrzeuge des Carsharing-Anbieters Mobility, welche bei Nicht-Benutzung das Stromnetz stabilisieren sollen. Die erreichte Präqualifikation für die Primär- und Sekundärregelleistung am Strommarkt war der Beweis, dass Elektrofahrzeuge keine Belastung, sondern sogar eine Hilfe für das Stromnetz sein können. Die bidirektionalen Fahrzeuge können automatisch +/-10 kW regeln, was einer Gesamtregelleistung von 1 MW auf die 50 Fahrzeuge entspricht. Bei einer Multiplikation sind schnell Leistungen auf Kernkraftwerk-Niveau möglich (1 GW).

Das Lastmanagement von sun2wheel ist imstande, eine unbeschränkte Anzahl Ladestationen anzusteuern. Dies geschieht entweder über eine App oder eigens dafür entwickelte Online-Tools von sun2wheel zur Verwaltung der Ladestationen. Insbesondere wichtig ist die Einstellung über den Mindestladezustand des Fahrzeuges, welche vom System nie unterschritten und so die gewohnte Mobilität nicht eingeschränkt wird.

Die Ladestationen können auch über Modbus angesteuert werden, was die Integration in verschiedene Smart-Home-Steuerungen ermöglicht.

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Elektroschema einer Installation mit Solaranlage und bidirektionaler Ladestation.
Quelle: sun2wheel

Strom- und Internetanschluss

Der Stromanschluss wird standardmässig über eine 16-A-CEE-Steckdose gemacht. Sollte so eine bereits vorhanden sein, kann die bidirektionale Ladestation nach der entsprechenden Anmeldung bei Energieversorgen einfach eingesteckt werden. Eine Anleitung für das Ausfüllen des technischen Anschlussgesuchs TAG findet sich auf der sun2wheel-Webseite.

Für die Kommunikation benötigen die Ladestation und die zwei Energie-Zähler jeweils einen LAN-Anschluss, welche auf einem Switch zusammengeführt werden. Von diesem Switch geht danach eine Verbindung zum örtlichen Internetrouter. Insbesondere bei Firmennetzwerken gibt es gewisse Ports, welche geöffnet werden müssen.

Inbetriebnahme der Ladestation

Die Inbetriebnahme und Konfiguration der Ladestation wird von sun2wheel remote durchgeführt. Sobald die Ladestation am Strom und Internet angeschlossen ist, kann Kontakt mit dem sun2wheel-Service aufgenommen werden, welcher nach der Konfiguration dem Kunden eine Mail sendet mit der ausführlichen Anleitung zur Registration in der sun2wheel-App.