Die richtige Messgeräte-Wahl
In der heutigen Zeit erleben wir einen rapiden technologischen Fortschritt in verschiedenen Bereichen. Dieser bringt nicht nur überarbeitete, sondern auch völlig neuartige Technologien mit sich. Diese Entwicklungen stellen Elektroinstallateure vor bedeutende Herausforderungen, mit denen sie sich auseinandersetzen müssen – umso schwieriger wird es, das richtige Messinstrument für die richtige Anwendung zu finden.
Die Zeiten, in der Sinus- oder sinusähnliche Signale vorherrschten, liegen längst hinter uns. Heutzutage gehören getaktete, variable und phasenverschobene Signale zum Alltag – sogar im Haushaltsbereich. Die bewährten Messinstrumente der letzten Jahrzehnte sind also für immer mehr Anwendungen nicht mehr geeignet. Bevor man sich auf die Suche nach einem neuen Messgerät begibt, sollte man sich zuerst im Klaren sein, welche Art von Signalen in welchem Umfeld typischerweise gemessen werden müssen. Eines der wichtigsten Merkmale ist die Beachtung der Messkategorie im Zusammenhang des geplanten Einsatzortes. Hier geht es insbesondere um die Sicherheit des Prüfers und dessen Umfeld, um potenzielle Gefahrensituationen zu vermeiden.
Diese Messkategorien (siehe Abbildung) umfassen CAT IV (z.B. Energieversorgung bis vor den Energiezähler), CAT III (z.B. Verteilerstromkreise ab Energiezähler, in Zukunft auch die DC-Seite von PV-Anlagen) und CAT II (z.B. Steckdosen). Nebst der Kategorie gilt es ebenfalls die Spannung zu beachten. Die Angaben, z.B. CAT IV 300 V, beziehen sich dabei immer gegen Erde (siehe ISO-Norm 61010).
Wichtig zu wissen: Als Vorbereitung zur Überarbeitung der Normen EN 62446 für die Prüfung von netzgekoppelten Photovoltaik-Systemen und EN 60664-1 für die Isolationskoordination für Betriebsmittel in Niederspannungs-Stromversorgungssystemen sind die Messgeräte- und Zubehörhersteller bereits dran, Produkte auf die CAT III 1500 V zu erhöhen. Sollten sich Anwender in diesem Umfeld bewegen, empfiehlt es sich bei der Beschaffung eines neuen Instrumentes dies zu berücksichtigen.
Zahlreiche Faktoren ausschlaggebend
Nebst der Messkategorie ist die Netzspannung bzw. Netzfrequenz und insbesondere die vorhandenen Mischfrequenzen ein wichtiges Kriterium. Bei einem NIV-Tester beispielsweise gilt es zu definieren, ob dieser in Bahn- oder in bahnnahen Anwendungen mit 16,7 Hz oder allenfalls im Bereich der Aviatik und Marine mit 400 Hz eingesetzt wird. Falls nicht, kann man sich eines klassischen Modelles bedienen.
Für die Spannungsmessung bei der Störungssuche an hoch getakteten Signalen von einem kHz oder mehr (Schaltnetzteile, Induktionskochfelder, LED-Treiber, etc.) reicht die Bandbreite eines einfachen Elektrotesters, Multimeters oder Spannungsprüfers heute nicht mehr aus. In den Datenblättern der Hersteller sind genau diese Informationen bis auf wenige Ausnahmen sehr schlecht ersichtlich. Hier bleibt nur ein Blick in die technischen Daten der Bedienungsanleitung eines möglichen Kandidaten übrig. Dort findet man, wie in den abgebildeten Beispielen, die entsprechenden Angaben.
Für die Störungssuche an Motoren oder elektrischen Anlagen ist die Isolationswiderstandsmessung ein geeignetes Hilfsmittel. Hier muss man sich überlegen, ob die üblichen Spannungen von 250 VDC (Vorprüfung) und 500 VDC ausreichen, oder ob eine erweiterte Abstufung, z.B. ab 50 VDC / 100 VDC, für empfindliche Anlagen auch höhere Prüfspannungen bis auf 1500 VDC, für die Prüfung der DC-Seite von PV-Installationen sinnvoll ist. Der Vorteil heutiger Prüfgeräte nach EN 61557 ist, dass die Isolationsmessung strombegrenzt ist und daher eine Beschädigung von elektrischen Komponenten durch eine Iso-Messung praktisch ausgeschlossen wird. Durch diese Strombegrenzung sinkt bei zunehmender Last die Prüfspannung automatisch auf ein tieferes Niveau.
Knackpunkt Kurzschlussstrommessung
Für die Sicherstellung der automatischen Abschaltbedingungen in elektrischen Installationen ist die Kurzschlussstrommessung bzw. die Überprüfung der Impedanz ein Hilfsmittel. Durch die immer zunehmende Verdichtung des Wohnraumes und steigender Anzahl an elektrisch betriebenen Fahrzeugen steigt dementsprechend der Energiebedarf. Die dafür notwendigen Trafostationen rücken immer näher an bzw. in die Gebäude. Einige klassische NIV-Tester stossen dabei an ihre physikalischen Grenzen. Da in solchen Gebäuden schnell Kurzschlussströme grösser als 1,5 kA vorhanden sind, können sie kein verlässliches Resultat ermitteln. Die Lösung: Mittels sogenannter Hochstromimpedanztestern lassen sich mithilfe der 4-Leiter-Technik verlässliche Messungen durchführen, da diese aufgrund der Baugrösse mit mehreren grossen Lastwiderständen und selbst-kompensierenden Messleitungen ausgerüstet sind. Einige wenige NIV-Tester Modelle auf dem Markt sind jedoch in der Lage, Kurzschlussströme zwischen 3 bis 5 kA in der klassischen 2-Leiter-Technik zu messen. Sauber abgeglichene Messleitungen und vernünftige Prüfspitzen bzw. -klemmen sind aber ein Muss.
Tücken der RCD-Prüfung
Die Prüfung zur Bestätigung der Wirksamkeit der zusätzlichen Schutzmassnahmen (RCD) erfordert je nach Einsatzgebiet ein Modell, welches nebst dem klassischen 30-mA-RCD-Typ A für den Personenschutz noch weitere Typen abdeckt. Für die Prüfung der internen DC-Fehlerstromüberwachung von Ladeeinrichtungen von Elektrofahrzeugen wird beispielsweise ein Messgerät benötigt, welches die allstromsensitive Messung (RCD Typ B/B+) abdeckt. Bei der Kontrollmessung wird ein ansteigender Gleichfehlerstrom simuliert, um zu prüfen, ob bei einer Überschreitung der Grenze von 6 mA DC die Ladeeinrichtung die Netzspannung trennt und einen Fehler anzeigt. Hierbei wird die Möglichkeit einer Sättigung eines vorgeschalteten RCD Typ A vermieden. Nebst den Modellen Typ A-EV, F-EV mit einer Auslösegrenze von 6 mA DC gibt es für Installationen ohne vorgeschalteten Typ A den Typ B, B-EV mit einer Auslösegrenze von 30 mA DC. Für brandschutzgefährdete Räumlichkeiten können mit einem identisch ausgerüsteten NIV-Tester (Typ A und B/B+) alle erforderlichen Messungen durchgeführt werden.
Die immer mehr im Privathaushalt anzutreffenden mischfrequenz-sensitiven RCD Typ F (z.B. für Waschmaschinen) werden wie ein «normaler» Typ A (pulsstrom-sensitiv) gemessen. Wichtig: Auf dem Markt existiert nebst einem einzigen Hersteller aus Deutschland kein portables Prüfgerät, welches zu einem pulsierenden Gleichfehlerstrom (Typ A) noch ein 1-kHz-Signal überlagert, um die Abschaltbedingungen zu prüfen.
Fazit
Es ist keine leichte Aufgabe, die feinen Unterschiede der zahlreichen Messgeräte auf dem Markt zu kennen, denn diese Details finden sich meist nur im Kleingedruckten der Bedienungsanleitungen versteckt. Wenn man ehrlich ist, wer liest schon gerne umfangreiche Handbücher, vor allem in der Evaluierungsphase? Statt sich stundenlang durch mühsame Recherchen zu quälen, bietet sich ein einfacherer Weg an: die Hinzuziehung von Fachexperten seitens der Hersteller oder deren Vertriebspartnern. Sie verfügen über das notwendige Spezialwissen und können zielgerichtet beraten.