Sichere Leitungsführung in Fluchtwegen
Normen und Vorschriften legen heutzutage hohe Anforderungen an die elektrische Infrastruktur und den Brandschutz fest, insbesondere in Bezug auf die Leitungsführung von Kabeln in Flucht- und Rettungswegen. Dieser Artikel behandelt Lösungsansätze für den Brandschutz mithilfe von Brandschutzkanälen und beleuchtet ihre verschiedenen Eigenschaften und Klassifikationen und zeigt auf, wann und wo solche Produkte sinnvoll eingesetzt werden können.
Themen wie die Einhaltung maximaler Brandlastwerte für Kabel, der Einsatz von nicht kritischen Kabeln und die Leitungsführung von Sicherheitsstromkreisen gewinnen in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung. Elektro-Brandschutzkanäle werden vor allem bei der Kabelverlegung in Fluchtwegen eingesetzt. Kurz gesagt tragen Brandschutzkanäle im Falle eines Feuers dazu bei, dass die Fluchtwege benutzbar bleiben, indem sie diese vor Bränden in den elektrischen Leitungen und Kabeln schützen und eine Ausbreitung des Feuers verhindern.
Brandschutzkanäle werden dort eingesetzt, wo die Umgebung vor den Auswirkungen von Kabelbränden geschützt werden muss. Sie isolieren die Brandlast, sodass Feuer und Rauch im Falle eines Kabelbrands nicht aus dem Kanal austreten können. Darüber hinaus sorgen sie dafür, dass die Leitungen im Brandschutzkanal nicht zum Brandgeschehen beitragen.
Prüfnormen und Klassifizierungen
Die Prüfung und Klassifizierung von Brandschutzkanälen unterliegt im europäischen Raum verschiedenen Normen, was in der Praxis oft zu Unsicherheiten bei Planung, Ausführung und Kontrolle (QS-Brandschutz & Brandschutzbehörden) führt. Der Ursprung dieser Produkte liegt in Deutschland, wo sie ursprünglich für den Schutz von Flucht- und Rettungswegen entwickelt wurden.
Die dafür definierten Normen sind die «I-Klasse nach DIN 4102 Teil 11» (Schutz von innen nach aussen) und die «E-Klasse nach DIN 4102 Teil 12» (Schutz von aussen nach innen). Diese Anforderung bezieht sich jedoch auf die Ausführung von Sicherheitsstromkreisen und nicht auf den Schutz der Fluchtwege.
Inzwischen gibt es auch Prüf- und Klassifizierungsnormen nach EN, insbesondere die Prüfnorm SN EN 1366-5 (Feuerwiderstandsprüfungen für Installationen – Teil 5: Installationskanäle und -schächte) und die Klassifizierungsnorm SN EN 13501-2. Daraus ergibt sich die Klassifikation «EItt», wobei «E» für Raumabschluss und «I» für Wärmedämmung steht.
Obwohl die Buchstaben «I» und «E» erneut verwendet werden, haben sie in diesem Kontext eine andere Bedeutung.
Die Kurzzeichen nach DIN benennen direkt die Aufgabe, die ein Bauteil erfüllen kann, während die Kurzzeichen nach EN, Eigenschaften eines Bauteils klassifizieren. Das Kurzzeichen «EItt» wird in der Praxis auch zur Klassifizierung von Brandschutztüren, abgehängten Decken, brandabschnittsbildenden Wänden usw. verwendet. Es ist wichtig zu beachten, dass diese Klassifikationen aus unterschiedlichen Prüfnormen resultieren und daher nicht direkt vergleichbar sind.
Angaben in Schweizer Normen
In der VKF-Brandschutzrichtlinie 17-15 «Kennzeichnung von Fluchtwegen Sicherheitsbeleuchtung Sicherheitsstromversorgung» (Anhang zu Ziffer 3.3.4) und im dazugehörigen Brandschutzmerkblatt Sicherheitsstromversorgung 2009-15 (Ziffer 5.5.2) werden Grafiken gezeigt, die solche Kanäle darstellen. Die Grafik in der VKF-BSR 17-15 bezeichnet einen Installationskanal «mindestens mit Feuerwiderstand EI 30». Im VKF-BSM 2009-15 wird dann explizit von einem «Installationskanal mit Feuerwiderstand nach SN EN 1366-5 Feuerwiderstandsprüfungen für Installationen - Teil 5» gesprochen.
Es ist wichtig festzuhalten, dass diese Angaben in Dokumenten aufgeführt sind, die sich auf das Thema Sicherheitsstromversorgung beziehen. Die Vorgaben zur Kabelverlegung in Fluchtwegen sind in der VKF-BSR 14-15 «Verwendung von Baustoffen» (Ziffer 5.2.1 Kabel) und in der NIN 2020 «Elektrische Anlagen in Fluchtwegen» (4.2.2.2.7 Kabel) definiert.
Ob ein technischer Lösungsansatz, wie zum Beispiel ein baulich geschlossener Elektro-Brandschutzkanal, der in Normen/Richtlinien der Sicherheitsstromversorgung definiert ist, auch zur Einhaltung der Vorgaben in den Fluchtwegen eingesetzt werden kann, sollte entsprechend mit den zuständigen Brandschutzbehörden abgesprochen werden. Aus technischer Sicht wäre dies durchaus machbar, basierend auf den Prüfverfahren und den resultierenden Funktionen.
Kanäle nach SN EN 1366-5
Die einzelnen Bauprodukte allein erfüllen noch nicht die baurechtlichen Anforderungen an den Brandschutz. Erst der Zusammenbau der einzelnen Bauprodukte, bestehend aus Formteilen und Kanalstrecken, führt zu einem feuerwiderstandsfähigen Installationskanal, der an klassifizierten Wänden, Decken oder auf Montagesystemen befestigt werden kann. Der Installationskanal wird gemäss SN EN 1366-5 geprüft, wobei die brandschutztechnischen Eigenschaften des Raumabschlusses und der Wärmedämmung unter Brandeinwirkung ermittelt werden. Bei der Brandprüfung nach SN EN 1366-5 wird ein Kabelbrand im Inneren des Kanals simuliert, wobei die Kanäle mit Kabeln belegt sind. Auch die Kabelausgänge werden mitgeprüft, um festzustellen, ob Feuer und Rauch aus dem Kanal austreten und ob sich die Kanaloberflächen ausserhalb des Prüfofens unzulässig stark erwärmen. Anschliessend wird der Feuerwiderstand des Brandschutzkanals gemäss SN EN 13501-2 klassifiziert, z.B. EI30, EI60 oder EI90.
Kanal-Modelle
Aktuell bieten verschiedene Hersteller eine Vielzahl von Kanalmodellen an, die sowohl nach DIN als auch nach EN klassifiziert sind. Grundsätzlich stehen zwei Bauarten zur Verfügung: Modelle, die aus Glasfaserleichtbeton-Brandschutzplatten aufgebaut sind, und Modelle aus Stahlblech mit innenliegender Brandschutzbeschichtung, die im Brandfall aufschäumt und die Brandlasten der brennbaren Leitungsisolierungen einschliesst.
Kanäle mit der «E-Klasse nach DIN 4102 Teil 12» (Schutz von aussen nach innen) sind ausschliesslich in der Ausführung mit Glasfaserleichtbeton-Brandschutzplatten erhältlich.
Vorgehen und Auswahlverfahren
Um die richtige Wahl aus der Vielzahl von Auswahlmöglichkeiten und Klassifizierungen treffen zu können, ist es unerlässlich, die Aufgaben und geplante Anwendung klar zu definieren. Welche Ziele sollen mit dem Brandschutzkanal erreicht werden?
Soll der Kanal den Fluchtweg vor den Auswirkungen eines Kabelbrands schützen, Brandlasten minimieren (zum Beispiel, wenn im horizontalen Fluchtweg die 200 MJ/Laufmeter überschritten werden), oder sollen kritische Kabel darin verlegt werden? In diesem Fall eignen sich beispielsweise Modelle mit Klassifizierungen wie «I-Klasse nach DIN 4102 Teil 11» (Schutz von innen nach aussen) sowie Modelle nach EN 1366-5 «EItt» (E = Raumabschluss / I = Wärmedämmung). Muss der Kanal die Leitungen einer sicherheitsrelevanten elektrischen Anlage vor einem Feuer schützen? Dann kommt der Begriff Funktionserhalt ins Spiel, der durch die Prüfnorm DIN 4102 Teil 12 «E30, E60, E90» definiert wird.
Es ist wichtig zu beachten, dass das Allgemeine- und das Sicherheitsrelevante Netz separat betrachtet werden sollte, wie es auch in der aktuellen NIN2020 und in der VKF BSR 17-15 mit der geforderten Unabhängigkeit dieser beiden Netze festgehalten wird. Wo soll der Kanal eingesetzt werden? In horizontalen oder vertikalen Fluchtwegen, in EX- oder feuergefährdeten Bereichen, welchen thermischen Einflüssen ist er ausgesetzt usw.? Es empfiehlt sich auf jeden Fall, die geplante Anwendung mit den zuständigen Brandschutzbehörden abzuklären, zu koordinieren und genehmigen zu lassen.
Planung und Ausführung
Die Anwendung und die einzuhaltenden Montageparameter sind in äusserst detaillierten Montageanleitungen festgelegt. Es ist unerlässlich, diese Anleitung genau zu befolgen, um die einzelnen Situationen in der Planung und Ausführung fachgerecht umzusetzen.
Erfahrungen haben gezeigt, dass eine erfolgreiche Anwendung der Kanäle in der Regel gelingt, wenn diese Produkte von Anfang an korrekt eingeplant und koordiniert werden. Eine Anwendung während der Bauphase als Ersatz für herkömmliche Kabelverlegesysteme erfordert oft weitere Anpassungen an der baulichen sowie anderen technischen Struktur. Besonderes Augenmerk sollte den Kanalabschlüssen an Wänden oder Decken gewidmet werden. Die verfügbaren Möglichkeiten sind Bestandteil der Prüfverfahren und in den Anleitungen klar definiert.