Optimierte Batterien für Elektroautos

Vom Rohmaterial zum (fast) fertigen Auto-Akku: In einem EU-Projekt unter der Leitung der Empa wurden Batterien für Elektroautos massgeblich verbessert. Eines der Hauptziele war die Skalierung der neuen Materialien und Technologien, sodass sie so schnell wie möglich auf den Markt gelangen können.

Batteriemodul
Um die Skalierbarkeit der neuen Technologien zu demonstrieren, bauten die Projektteams ein fixfertiges Batteriemodul samt Steuerung und Software – wie es in Elektroautos eingesetzt wird.
Quelle: FPT Motorenforschung

Damit Elektroautos schneller laden, längere Strecken fahren und einen kleineren ökologischen Fussabdruck haben, braucht es vor allem eins: bessere Akkus. Diesbezüglich ist ein «Horizon 2020»-Forschungsprojekt, das von Forschenden des Empa-Labors «Materials for Energy Conversion» geleitet wurde, letztes Jahr zu einem erfolgreichen Abschluss gekommen.

Umsetzung innerhalb weniger Jahre

Das Ziel von «SeNSE»: Elf Teams entwickeln Lösungen für Lithium-Ionen-Batterien der nächsten Generation. Will heissen: Nach Projektabschluss sollten die entwickelten Materialien und Technologien möglichst nahe an der Produktion im industriellen Massstab stehen. «Wir forschen auch an Batterietechnologien, die potenziell um Welten besser sind als Lithium-Ionen-Akkus – nachhaltiger, sicherer, mit höherer Energiedichte», sagt Corsin Battaglia, Empa-Laborleiter. «Aber es dauert noch einige Jahre, bis sie industriell hergestellt werden können. In ‹SeNSE› hingegen wollten wir Technologien entwickeln, die innerhalb von wenigen Jahren in marktfertige Elektroautos verbaut werden können.»

Dafür durchliefen die Projektmitglieder in nur vier Jahren beinahe die gesamte Wertschöpfungskette der Batterieherstellung: von der Entwicklung neuer Materialien, über deren Skalierung bis hin zum Einbau in Batteriezellen. Die etwa Smartphone-grossen Zellen wurden vom Austrian Institute of Technology (AIT) hergestellt. Die FPT Motorenforschung AG, die zur Iveco-Gruppe gehört, konnte sie daraufhin in ein fixfertiges Modul einbauen, wie es in einem elektrischen Fahrzeug verbaut wird – samt der dazugehörigen Elektronik und Software.

Einige Verbesserungen gegenüber heutigen Akkus

Das «SeNSE»-Modul weist einige Verbesserungen gegenüber heutigen Akkus auf: Eine höhere Energiedichte und eine günstigere Umweltbilanz, Schnellladefähigkeit und erhöhte Brandsicherheit – und natürlich Wirtschaftlichkeit. Alle Kernkomponenten der Batterie wurden im Projekt weiterentwickelt. Die Kathode enthält nur halb so viel des kritischen Rohstoffs Kobalt wie heutige Akkus. In der Anode konnten die Projektteams einen Teil des Graphits – gerade wegen der Batterieherstellung ebenfalls als kritisch eingestuft – durch Silizium ersetzen, eines der häufigsten Elemente in der Erdkruste.

Auch der Elektrolyt – die Flüssigkeit, die Ionen zwischen den Elektroden überträgt und so das Laden und Entladen der Batterie ermöglicht – wurde verbessert. Hier waren die Empa-Forschenden federführend. «Herkömmliche Elektrolyten sind brennbar», erklärt Empa-Forscher Dr. Ruben-Simon Kühnel. «Wir konnten die Brennbarkeit durch bestimmte Zusätze stark reduzieren, ohne dabei die Leitfähigkeit zu beeinträchtigen, die für schnelles Laden und Entladen zentral ist.» Um die Schnellladefähigkeit weiter zu verbessern, entwickelte die britische «Coventry University» gemeinsam mit der FPT Motorenforschung AG ausserdem ein ausgeklügeltes Temperaturmanagement-System für das Pilotmodul. Sensoren, die direkt in den Zellen eingebettet sind, überwachen die Temperatur innerhalb der Batterie in Echtzeit. Ein eigens dafür entwickelter Algorithmus kann die Zelle dann immer genau so schnell laden, dass sie nicht durch Überhitzung beschädigt wird.

Batteriepack
Die neuen Lithium-Ionen-Zellen sind nachhaltiger, sicherer und haben eine höhere Energiedichte.
Quelle: SeNSE Consortium

Grösster Erfolg des Projekts sei die Skalierbarkeit und den direkten Transfer in die Industrie. Die beteiligten Industriefirmen konnten für die Neuentwicklungen bereits mehrere Patente anmelden, Pilotproduktionsanlagen bauen und Investorengelder sichern sowie ihr erworbenes Wissen in weitere Batterietechnologien einfliessen lassen. Die Chemiefirma Huntsman hat den Leitzusatz, der in den «SeNSE»-Elektroden zum Einsatz kam, sogar bereits auf den Markt gebracht, wo er nun Batterieherstellern zur Verfügung steht.

Die nächsten Schritte

Ganz ohne Hürden verlief dieser Weg nicht. Neben organisatorischen Herausforderungen durch die Pandemie, instabilen Lieferketten und steigenden Rohstoff- und Energiepreisen gab es auch technische Schwierigkeiten. So sind die Prototypzellen noch nicht so stabil, wie es das Projektteam gerne hätte. Auch die Skalierung, obschon erfolgreich, ist noch lange nicht abgeschlossen. «Wir haben alle Neuentwicklungen vom Labor- auf den Pilotmassstab skaliert», sagt Battaglia. «Für die Produktion in einer sogenannten Gigafactory, zum Beispiel unseres Projektpartners Northvolt, mit einer jährlichen Produktionskapazität von mehreren Gigawattstunden an Batterien, müsste die ganze Materialherstellung noch einmal um den Faktor 1000 hochskaliert werden.» Dafür ist der Einsatz der Industrie gefragt.

Die Empa-Forschenden wenden sich unterdessen bereits dem nächsten europäischen Batterieprojekt zu. Beim Forschungsprojekt «IntelLiGent» werden kobaltfreie Hochvoltzellen für Elektroautos entwickelt.

empa.ch

Über das Projekt «SeNSE»

Das Projekt hatte zum Ziel, die nächste Generation von Lithium-Ionen-Akkus zu entwickeln und die europäische Batterieindustrie zu stärken. Initiiert und geleitet wurde das vierjährige EU-Projekt mit einem Gesamtbudget von über 10 Millionen Euro von der Empa. Beteiligt waren die Universität Münster, das Helmholtz-Institut Münster, die britische Coventry University, das AIT Austrian Institute of Technology und das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) sowie mehrere Industriepartner: der schwedische Batteriehersteller Northvolt, das Schweizer Innovationszentrum von FPT Industrial, die FPT Motorenforschung AG, die französischen Start-ups Solvionic und Enwires sowie der Chemiekonzern Huntsman, mit Forschungsstandort in Basel.