Blitzschutz: Schäden und Ausfälle verhindern

Gefahren durch Blitz- und Überspannungseinwirkungen sind signifikante und oftmals übersehene Risiken. Fehlende Vorkehrungen können zu weitreichenden Folgen wie Bränden, Ausfallzeiten wichtiger Systeme bis hin zum Verlust von Daten führen. Ein leistungsstarker Blitz- und Überspannungsschutz ist daher ein essenzieller Baustein im Sicherheitskonzept von beispielsweise Rechenzentren.

Blitzschutz
Quelle: Dehn

Ein korrekt ausgeführter Blitz- und Überspannungsschutz minimiert Risiken, sorgt für einen konstanten Datenfluss und Verfügbarkeit, verhindert kostspielige Schäden oder sogar Ausfallzeiten an kritischen Systemen. Zudem sind Schutzvorkehrungen beispielsweise bei Rechenzentren gesetzlich, normativ oder im Rahmen einer Zertifizierung gefordert, sind sie doch weit mehr als nur Gebäude: Sie bestehen aus einer Vielzahl von elektrischen und miteinander verbundenen Systemen, die alle darauf ausgelegt sind, den Informationsfluss aufrechtzuerhalten, indem sie online und jederzeit verfügbar sind. Funktionsfähigkeit und ein reibungsloses Zusammenspiel aller Systeme und Komponenten sind für den ungestörten Betrieb entscheidend.

Risikobewertung

Ein vorausschauendes Risikomanagement liefert die Entscheidungsgrundlage, um vorhandene Risiken zu begrenzen. Ziel der Bewertung ist es, das Risiko für bauliche Anlagen und deren Inhalte durch direkte und indirekte Blitzeinschläge zu objektivieren und zu quantifizieren. Die in der SN EN 62305-2 vorgegebene Risikoanalyse stellt dabei sicher, dass ein für alle Beteiligten nachvollziehbares Blitzschutzkonzept erstellt werden kann. Dies ist technisch und wirtschaftlich optimiert, sodass mit überschaubarem Aufwand der bestmögliche Schutz erreicht wird.

Normative Anforderung

Die SN EN 50600 «Informationstechnik – Einrichtungen und Infrastrukturen von Rechenzentren» ist die erste europaweite Norm, die sich mit einem ganzheitlichen Ansatz und umfassenden Vorgaben für die Planung, den Bau und den Betrieb eines Rechenzentrums befasst. Im Teil 2-2 der Norm SN EN 50600 «Stromversorgung und Stromverteilung von Rechenzentrumseinrichtungen und -infrastruktur» werden Massnahmen zum Blitzschutz gefordert. Konkret nimmt dieser Teil dabei Bezug auf die komplette Normenreihe SN EN 62305 «Blitzschutz», welche folgende Teile umfasst:

  • SN EN 62305-1: Allgemeine Grundsätze
  • SNEN 62305-2: Risiko-Management
  • SN EN 62305-3: Schutz von baulichen Anlagen und Systemen
  • SN EN 62305-4: Elektrische und elektronische Systeme in baulichen Anlagen (Wirkung von LEMP)

 

Im Rahmen der Planung sind gesetzliche Vorgaben, normative Forderungen sowie eventuell notwendige Zertifizierungen (wie z. B. TSI. Standard V4.2) zu beachten. Kernelemente eines ganzheitlichen Schutzkonzepts sind:

  • Ringerder und Erdungssystem
  • Äusserer Blitzschutz
  • Gebäudeschirmung und Potentialausgleich
  • Überspannungsschutz

Die zur Planung und Umsetzung von Blitz- und Überspannungsschutzmassnahmen in Rechenzentren wichtigsten Normen sind:

Blitzschutz
Quelle: Dehn

Erdung

Das Erdungssystem eines Rechenzentrums hat vielfältige, wichtige Aufgaben. Es ist die Basis für die Personen- und die funktionale Sicherheit sowie für wichtige Schirmungsmassnahmen gegen schädliche elektromagnetische Einkopplungen (LEMP – Lightning Electromagnetic Pulse). In einem Neubauprojekt ist die Erdungsanlage die Grundlage der elektrotechnischen Anlage und bedarf einer fachgerechten Ausführung durch eine Elektrofachkraft. Die SN EN 50600 verweist im Teil 2-1 darauf, dass für ein Rechenzentrum ein Fundamenterder nach SN EN 62305-3 zu errichten ist. Die Anordnung der Erdungs- und Potentialausgleichsanlage dient als Basis zum Schutz bei Blitzschlag und elektromagnetische Beeinflussungen. Hinsichtlich der Auslegung von Massnahmen gegen die elektromagnetische Beeinflussung von Rechenzentren, wird dabei unter anderem auf die SN EN 50600-2-2 verwiesen, die ihrerseits hinsichtlich des LEMP-Schutzkonzeptes auf die SN EN 62305-4 verweist. Damit muss zur Planung von Rechenzentren auch die SN EN 62305-4 herangezogen werden.

Äusserer Blitzschutz

Ein vollständiges äusseres Blitzschutzsystem (LPS: engl. Lightning Protection System) besteht nach SN EN 62305-3 aus Fangeinrichtung, Ableitung, Erdungsanlage, dem berechneten Trennungsabstand und dem Blitzschutz-Potentialausgleich. Die Hauptaufgabe des äusseren Blitzschutzsystems ist es, Blitze einzufangen und über die Ableitungseinrichtung in die Erdungsanlage zu führen.

Gerade bei Rechenzentren mit Blitzschutzklasse I stellt sich häufig die Herausforderung, die benötigte Anzahl an Fangstangen im richtigen Trennungsabstand auf der Dachfläche unterzubringen. Problematisch in diesem Fall sind im Besonderen die unzähligen Dachaufbauten (z. B. Kühlungsanlagen, PV-Anlagen), die den sicheren Betrieb sowie die Energieeffizienz des Gebäudes sicherstellen sollen. Zugleich sind sie den Auswirkungen von Blitzeinschlägen ausgesetzt und bieten Blitzströmen die Möglichkeit, über die angeschlossenen Verbindungskabel in das Rechenzentrum einzudringen. Ein konventionelles Blitzschutzsystem mit Einhaltung des notwendigen Trennungsabstands ist nur mit einem sehr hohen Aufwand zu realisieren. Der Trennungsabstand ist in SN EN 62305-3 definiert als der «Abstand zwischen zwei leitfähigen Teilen, bei denen keine gefährlichen Funken auftreten können». Bei dicht gedrängten Dachaufbauten bietet eine getrennte Blitzschutzeinrichtung – wie sie die HVI-Leitungen (HVI – High Voltage Insulation) darstellen – klare Vorteile. Sie lösen das Problem des «Trennungsabstands» schnell, sind platzsparend und vereinfachen die Installation der Fangeinrichtung deutlich. Eine Fangeinrichtung mit HVI-System verhindert die Gefahr, dass bei Rechenzentren dichte Dachaufbauten durch direkte Blitzeinschläge beschädigt werden oder durch Überschläge und das Fliessen von Blitzteilströmen die Stromversorgung oder Signalleitungen unterbrochen werden. Unkontrollierte Stossströme über Verbindungsleitungen ins Innere des Gebäudes werden damit verhindert. Ein isoliertes Blitzschutzsystem sollte auch dann in Betracht gezogen werden, wenn in das Bauwerk eindringende Blitzteilströme empfindliche elektrische oder elektronische Geräte stören oder zerstören könnten.

Konzept
Ein Blitzschutzzonen-Konzept (engl. LPZ, Lightning Protection Zone) in der Übersicht.
Quelle: Dehn

Gebäudeschirmung

Ein Blitz, der in kürzester Zeit eine enorme Menge an Energie liefert, erzeugt einen starken elektromagnetischen Impuls – Lightning Electromagnetic Pulse (LEMP). Deshalb muss beim Schutz empfindlicher elektronischer Systeme die Gefahr durch induzierte Spannungsimpulse berücksichtigt werden. Ein LEMP kann dabei sowohl durch einen direkten Blitzeinschlag in das Gebäude als auch durch einen Blitzeinschlag in der näheren Umgebung des Gebäudes auftreten.

Neben dem Potentialausgleich aller leitfähigen Gebäudeteile verbessert eine nach SN EN 62305-4 realisierte Gebäude- oder Raumschirmung den Schutz vor diesen elektromagnetischen Störgrössen erheblich. Schirmungsmassnahmen können während der Planung und dem Bau des Rechenzentrums einfach in die Gebäudestruktur integriert werden. Nachträgliche Massnahmen sind oft nur mit sehr hohem kostentechnischem Aufwand und geringerer Wirksamkeit verbunden. Ziel ist es, einen annähernd geschlossenen «Faraday‘schen Käfig» zu errichten, um einen definierten Bereich für empfindliche Elektronik auszubilden. In diesem soll das durch Blitzstromimpulse verursachte elektromagnetische Feld so weit reduziert werden, dass die Störgrösse, durch die nach SN EN 62305-4 berechnete Schirmungsmassnahme gedämpft wird. Das Magnetfeld muss also so weit reduziert werden, dass die Störfestigkeit des Betriebsmittels höher ist als die tatsächliche oder berechnete Belastung am Einbauort. Zur Abschätzung der Magnetfeldstärke unter Berücksichtigung von Schirmungsmassnahmen, stehen spezielle Softwarelösungen zur Simulation zur Verfügung. Fenster oder Türen sind ebenfalls in die Schirmungsmassnahmen zu integrieren. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass diese ebenfalls ein ausreichendes Dämpfungsverhalten aufweisen. Durchbrüche, wie sie für Kabeldurchführungen benötigt werden, sollten auf ein Minimum reduziert werden. Die gewählte Maschenweite und die zusätzliche Nutzung der Bewehrung beeinflussen massgeblich die Wirksamkeit dieser Schirmungsmassnahme.

Blitzschutzzonen-Konzept und Überspannungsschutz

Um die hohen Anforderungen an die Verfügbarkeit von empfindlichen elektronischen Systemen in Rechenzentren zu erfüllen, fordert beispielsweise das BSI aus Deutschland in seiner «Handlungsempfehlung zu baulich-technischen Massnahmen für Rechenzentren mit erhöhtem Verfügbarkeitsbedarf» die Realisierung eines Blitzschutzzonen-Konzepts (engl. LPZ, Lightning Protection Zone) nach (SN) EN 62305-4 bis mindestens LPZ 2. Nach diesem Prinzip ist die zu schützende bauliche Anlage in äussere (LPZ 0A, LPZ 0B) und innere Blitzschutzzonen (LPZ 1 – n) zu unterteilen. Laut diesem flexiblen Konzept sind abhängig von der Empfindlichkeit der elektronischen Geräte/Systeme geeignete LPZ festzulegen. Kreuzen Leitungen die im Vorfeld definierten Blitzschutz-Zonengrenzen, können Überspannungen in die geschützte Umgebung eingeführt werden. Aus diesem Grund ist es wichtig, diese Leitungen an den entsprechenden Zonenübergängen durch Überspannungs-Ableiter (SN EN 61643-11 und -21) in das Potentialausgleichsnetzwerk einzubinden. Bei allen energie- sowie informationstechnischen Leitungen, die von aussen (LPZ 0A) ins Innere des Rechenzentrums geführt werden, muss damit gerechnet werden, dass ein Blitzteilstrom zum Fliessen kommen kann. Hier ist die Leitung am Zonenübergang LPZ 0A auf LPZ 1 mit einem blitzstromtragfähigen Überspannungs-Ableiter zu beschalten.

Sind nur elektromagnetische Einkopplungen am Zonenübergang LPZ 0B auf LPZ 1 zu erwarten, reicht ein Typ 2 Überspannungs-Ableiter (SPD: engl. Surge Protective Device) aus. Auch die Zonenübergänge LPZ 1 auf LPZ 2 und höher sind mit passenden Schutzgeräten zu versehen. Darüber hinaus minimiert eine optimierte Leitungsführung Induktionsschleifen und verringert somit das Entstehen von Überspannungen. Bei grossen Niederspannungsschaltanlagen sollten zusätzliche Typ 2 Überspannungs-Ableiter auch an den Abgängen der angeschlossenen Unterverteilung eingesetzt werden. Damit werden induzierte Störgrössen aus den abgehenden Leitungen sicher begrenzt. Daneben sind auch die Signal- und Datenleitungen mit entsprechenden SPDs zu beschalten.

Fazit

Eine frühzeitige Implementierung von Blitz- und Überspannungsschutzmassnahmen nach SN EN 50600 und SN EN 62305 ist in der Planungsphase deutlich einfacher und kostengünstiger als eine Realisierung im Nachhinein. Eine Nachrüstung ist oft nur schwer durchzuführen und häufig mit einem sehr hohen finanziellen Aufwand verbunden. Als Experte von aufeinander abgestimmten Systemlösungen für Erdung, Blitz- und Überspannungsschutz sowie umfangreichen Beratungs- und Planungsdienstleistungen bietet Elvatec Sicherheit aus einer Hand.

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