Die Prüfung von DC-Ladepunkten - Teil 1

Während die Prüfung einer AC-Ladestation mittlerweile relativ simpel ist, fällt die Situation für DC-Schnellladesäulen durch unterschiedliche Standards weitaus umfangreicher aus. Die Spezialisten von Camille Bauer Metrawatt klären auf.

Prüfung
Quelle: Camille Bauer / Adobe Stock

DC-Ladeinfrastrukturen (Ladebetriebsart 4) bieten grundsätzlich ein hohes Mass an elektrischer Sicherheit und Schutz der Installation vor Überlastung, beispielsweise Brandschutz. Ein weiterer Schutz vor Berührung und Manipulation bietet die Verriegelung der Ladesteckverbindung während des Ladevorgangs. Entscheidende Kriterien hierfür sind aber, dass die Kommunikation und Steuerung zwischen Fahrzeug und Ladepunkt einwandfrei funktioniert und die ganze Anlage normgerecht geprüft wurde. Bis heute sind viele verschiedene und untereinander inkompatible Ladestecker und Kupplungsvarianten auf dem Markt, welche eine Prüfung umso umfangreicher machen. In Europa sind hauptsächlich DC-Schnellladesysteme CCS (Combo 2) vertreten, parallel dazu ist zumeist noch das asiatische CHAdeMo-System vorhanden.

Funktionelle Erstprüfung und Messung

Die Ladeeinrichtung ist eine laienbedienbare ortsfeste elektrische Anlage, die an öffentlich zugänglichen sowie gewerblich genutzten Plätzen normgerecht geprüft werden sollte (Erstprüfung). Diese Prüfung auf Funktionalität und elektrischer Sicherheit muss durch eine Elektrofachkraft erfolgen. Die zu prüfende Person sollte über Basiswissen zur Beurteilung der Messwerte und Prüfungen von DC-Schnellladesystemen verfügen.

Die Inhalte der Prüfungen und die Prüffristen ergeben sich aus den Normen, unter anderem der SNEN 61851-1/22/23/24, ISO 15118-1, DIN SPEC 70121, HD 60364-6 / HD 60364-6, EN 50110-1 / DIN VDE 0105-100, SN411000:2020 NIN Kapitel 6, Werkvorschriften WV-CH, Hersteller- und Errichterhinweisen und je nach Installationsort und Nutzungsart auch aus gesetzlichen Vorgaben. Weitergehende Informationen bieten das Arbeitsgesetz, Bundesgesetz über die Unfallversicherung UVG, SUVA-, VKF- und ATEX-Richtlinien.

Warum wird geprüft?

Gemäss Bundesverfassung Artikel 10.2 hat jeder das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Beim Ladevorgang kommt der Anwender direkt mit der Ladestationstechnik in Berührung. Somit müssen Sicherheitsanforderungen bei Normalbedingungen (auch bei verschiedenen klimatischen Bedingungen) unter besonderer Berücksichtigung der vorhersehbaren Fehlbedienung und Missbrauch, bei Unfall und bei Vandalismus erfüllt sein.

Neben den gesetzlichen Vorgaben NIV Art. 24 (Vor der Inbetriebnahme von Teilen oder ganzen elektrischen Installationen ist eine baubegleitende Erstprüfung durchzuführen). Besteht für den Betreiber der Nachweis der Sicherheit NIV Art. 35 und die periodische Kontrolle NIV Art. 36.

Die zu erfolgende Prüfung ermittelt den aktuellen Istzustand und vergleicht beziehungsweise bewertet diesen mit dem Sollzustand. Bei Abweichungen ausserhalb vorgegebener Toleranzgrenzen erfolgt eine Instandsetzung sowie eine wiederholte Prüfung.

Die richtige Auswahl der Mess-/Prüfgeräte

Bei der Prüfung steht die Sicherheit der prüfenden Person im Mittelpunkt. Deshalb ist die richtige Auswahl eines geeigneten Mess-/Prüfgerätes besonders wichtig. Diese müssen den einschlägigen Hersteller- und Gerätenormen entsprechen. Insbesondere die einzelnen Prüfverfahren sollen normgerecht sein. Die entsprechende Norm ist die SNEN 61557 «Elektrische Sicherheit in Niederspannungsnetzen bis AC 1000 V und DC 1 500 V – Geräte zum Prüfen, Messen oder Überwachen von Schutzmassnahmen». Weiterhin ist die richtige Messkategorie von grosser Bedeutung. Diese gibt die zulässigen Anwendungsbereiche von Mess- und Prüfgeräten für elektrische Betriebsmittel und Anlagen für die Anwendung im Bereich von Niederspannungsnetzen an. Die Einstufung der Messkategorie wird durch die SNEN 61010-1 (Sicherheitsbestimmungen für elektrische Mess-, Steuer-, Regel- und Laborgeräte) festgelegt.

Messaufbau
Messaufbau an DC Ladestation mit dem Prüfadapter für DC-Ladepunkte und Profitest Prime.
Quelle: Camille Bauer

Prüfung von DC-Ladepunkten

Die normgerechte Prüfung von DC-Ladepunkten umfasst alle Massnahmen, mit denen die Übereinstimmung der elektrischen Anlage und der Kommunikation mit den Anforderungen überprüft wird. Die Prüfung umfasst Besichtigen, Erproben und Messen sowie Erstellen eines Prüfberichtes.

Besichtigen

Vor der funktionellen Überprüfung, unter anderem der Kommunikation, erfolgt die Besichtigung der DC-Schnellladestation nach definierten Vorgaben. Hierbei ist zu beachten, dass es sich um eine laienbedienbare ortsfeste elektrische Anlage handelt. Die Sichtprüfung ist zu dokumentieren und kann zusätzlich durch entsprechendes Bildmaterial ergänzt werden.

Funktionelle Überprüfung der Kommunikation

Für die Überprüfung der Kommunikation ist es wichtig, dass alle erforderlichen Sicherheitshinweise eingehalten werden. Das Diagnosegerät muss mit dem DC-Ladepunkt verbunden und die entsprechende Norm / Normenreihenfolge ISO 15118-1 (DIN SPEC 70121) vorausgewählt sein. Nach dem Start erfolgt die Authentifizierung. Der Diagnosetester simuliert ein EV mit DC-Last und DC-Quelle.

Ist das Ergebnis in Ordnung, können folgende Aussagen getroffen werden:

  • Die Last hatte während des ChargeLoop (Ladevorgang) mehr als 3 A (CHAdeMo: State E2 Ladevorgang)
  • Die Ladestation funktioniert, das EV kann grundsätzlich mit Strom versorgt werden
  • Kommunikation normativ nach ISO 15118-1 (DIN SPEC 70121) in Ordnung (CHAdeMo: Kommunikation nach Version 0.9.1, 1.0.0., 1.0.1, 1.1)

Normgerechte Prüfung der elektrischen Sicherheit am DC-Ladepunkt

Die Prüfung der elektrischen Sicherheit erfolgt bei diesem Beispiel mit dem  Prüfadapter für DC-Ladepunkte in Kombination mit dem Profitest Prime. Wichtig: Die Prüfungen müssen mit normgerechten Messgeräten durch eine Elektrofachkraft durchgeführt werden und beinhalten:

  • Messung niederohmige Durchgängigkeit des Schutzleiters
  • Messung des Schleifenwiderstandes zwischen DC+ und DC-
  • Überprüfung der Isolationsüberwachung im CCS System
  • Messung des Isolationswiderstandes
  • Messung der Restspannung
  • Messung Berührungsstrom
  • Prüfen der Fehlerstrom-Schutzeinrichtung

Die Besonderheit bei der Überprüfung von DC-Ladepunkten ist, dass die meisten Messungen beziehungsweise Prüfungen nur bei zugeschalteter Last mit Quelle erfolgen müssen. Wie diese Prüfungen genau ablaufen und was es zu beachten gibt, folgt in Teil 2 von «Normgerechte Prüfung von DC-Ladepunkten».

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