Sprache statt Stift: KI-Sprachassistent auf der Baustelle

Es gibt Momente, in denen eine neue Technologie so grundlegend im Arbeitsalltag hilft, dass man sich fragt, wie man vorher ohne sie ausgekommen ist. Für das Elektro-Unternehmen Bernauer AG aus Stäfa ist ein KI-Sprachassistent eine dieser seltenen Innovationen.

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Quelle: Benetics

Die Bernauer AG mit über 150 Mitarbeitenden bietet seit Jahrzehnten Elektro- und ICT-Dienstleistungen rund um den Zürichsee an – von der ersten Skizze bis zur fertigen Übergabe. Das Team von Bernauer kennt den Spagat zwischen hoher Qualität, Termindruck und steigender Komplexität der Projekte bestens. Wie in vielen Elektrobetrieben lief auch bei Bernauer die Dokumentation von Arbeiten lange durch manuelle Schreibarbeit. Die klare und effiziente Kommunikation zwischen Baustelle und Büro war eine ständige Herausforderung.

«Die Zeit ist häufig unser grösster Feind», sagt Projektleiter Beno Stettler. «Wir betreuen immer mehrere Baustellen gleichzeitig, von grossen Neubauten bis zu kleineren Renovationen. Es gibt ständig Anpassungen und zahlreiche Dinge, die möglichst sofort festgehalten und geteilt werden müssen.» Früher bedeutete das: Notizen schreiben, Fotos machen, diese später im Büro zusammenfassen – und darauf hoffen, dass nichts vergessen oder falsch weitergegeben wird. Whatsapp-Gruppen, Telefonate und Mails halfen, waren aber nie eine zuverlässige Lösung. Heute läuft es anders. Seit 2024 setzt Bernauer einen Sprachassistenten ein, der auf künstlicher Intelligenz basiert. Er stammt von der Zürcher Benetics AG und hat nach den Worten von Stettler «den grössten Digitalisierungssprung der letzten Jahre» gebracht. Eigentlich sei die Digitalisierung damit erst wirklich vor Ort auf der Baustelle angekommen, bei den «Machern am Bau».

 

Die Monteure sprechen die Arbeit in wenigen Sekunden direkt vor Ort ins Handy ein, hängen ein Foto an, und der Projekt­leiter erhält einen fix­fertigen Rapport in Echtzeit im Büro.

Die KI versteht alles

Die Idee des KI-Sprachassistenten ist einfach: Monteure – vom Bauleitenden bis zum Lernenden – sprechen ihre Arbeiten, Aufgaben und Notizen ins Smartphone. Die App wandelt das Gesagte in vollständige, strukturierte Berichte und Einträge um. Dialekt, Pausen, Wiederholungen oder Korrekturen beim Einsprechen? Für die KI kein Problem. Sie versteht das Gesagte inhaltlich, filtert die relevanten Informationen heraus und formt daraus ein fertiges digitales Dokument. Dieses wird automatisch im digitalen Projektordner abgelegt. Wer möchte, kann zu den Einträgen ein Foto direkt vom Smartphone ergänzen, sie mit Plänen verknüpfen und den Vermerk gleich einer Person zuweisen. «Für Kollegen, die nicht gern tippen oder von Hand schreiben, ist das eine Erleichterung. Und wer mag das schon auf der Baustelle?», fragt Stettler. Die Bedienung der App ist intuitiv, die Hemmschwelle selbst für ältere und erfahrene Handwerkerinnen und Handwerker niedrig.

Besonders spürbar sind die Vorteile bei der Dokumentation von Regiearbeiten. «Früher ist schon mal etwas untergegangen», sagt Pirmin Häfliger, bauleitender Monteur bei Bernauer. «Man macht eine Zusatzarbeit, schreibt sie auf einen Zettel, und der bleibt in der Hosentasche. Oder er wird ganz vergessen, weil die Zeit knapp ist.» Wenn der Rapport später fehlt, ist die Arbeit jedoch nicht abrechenbar – zum Leid des gesamten Betriebs. Heute spricht Häfliger oder einer seiner Monteure die Arbeit in wenigen Sekunden direkt vor Ort ins Handy ein, hängt ein Foto an, und der Projektleiter erhält einen fixfertigen Rapport in Echtzeit im Büro. Das Resultat: mehr erfasste Zusatzarbeiten und damit mehr Umsatz. Für Bernauer ist das nicht nur organisatorisch ein Gewinn, sondern auch finanziell.

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Die Anwendung des KI-Sprachassistenten direkt auf der Baustelle ist kinderleicht.
Quelle: Benetics

Keine Missverständnisse mehr

Neben der Rapportierung hat der Sprachassistent auch die Arbeitsvorbereitung und das Aufgabenmanagement vereinfacht. Projektleiter oder Bauleitende erstellen Aufgaben per Sprache, platzieren sie mit einem Pin direkt auf dem digitalen Plan und übertragen sie mit einem Klick an Monteure. Diese erhalten die Aufgabe mit allen relevanten Details direkt in der App. Sie sehen den exakten Planort, können ihre Arbeit mit Fotos dokumentieren und den Bearbeitungsstand mit einem Fingertipp aktualisieren. Rückfragen sind deutlich seltener geworden. «Wir sparen uns viele Telefonate und ebenso viele Missverständnisse. Jeder sieht, welche Arbeiten noch zu tun oder bereits erledigt sind. Das hilft etwa bei Absenzen. Die gesamte Kommunikation zwischen Baustelle und Büro hat sich enorm vereinfacht», sagt Stettler.

Ein weiterer Vorteil der Benetics App ist die Mehrsprachigkeit. Der digitale Helfer versteht über 35 Sprachen und übersetzt diese automatisch. Auf Baustellen mit Teams aus unterschiedlichen Herkunftsländern sorgt das für Klarheit – sowohl bei der Arbeit als auch in der Dokumentation. Ferdinand Metzler, CEO von Benetics, sagt dazu: «Es sollte keine Rolle spielen, ob jemand perfekt Hochdeutsch kann – die fachlichen Fähigkeiten zählen. Monteure sollen ihre Arbeit ohne administrative Hürden machen können – und diese ebenso einfach dokumentieren können.» Benetics senkt nicht nur sprachliche Barrieren. Jeder im Team kann schneller und selbstständiger der eigentlichen Arbeit nachgehen.

Grosse Akzeptanz und Zeitersparnis

Überraschend war für Bernauer auch, wie positiv die Lernenden auf die App reagierten. In einigen Schweizer Elektro-Betrieben sind Smartphones auf der Baustelle bekanntlich nicht gern gesehen. Bei Bernauer sind sie dank der App ein festes Arbeitswerkzeug. «Die Lernenden sehen, wie weit ein Projekt ist, und können ihre Fortschritte selbst dokumentieren. Das macht sie stolz und motiviert», sagt Stettler. Selbst aktiv am Informationsfluss teilzunehmen, statt nur Anweisungen zu bekommen, verbessert die Ausbildung.

Welche messbaren Erfolge die App bei Bernauer gebracht hat? Das lässt sich nicht auf alle Details herunterbrechen. Zu vielfältig sind die Effekte. Aber es gibt klare Tendenzen: Bauleitende Monteure sparen bis zu einer Stunde pro Tag. Weil Dokumentation, Aufgabenverteilung und Abstimmungen schneller erledigt sind. Aber auch Zeitfresser wie der Gang ins Magazin nur für einen kurzen Blick auf einen Plan entfällt. Denn jeder hat die Pläne nun auf dem Handy. «Bei Grossbaustellen mit langen Wegen macht das ganz schön was aus», sagt Stettler. «Und dann haben wir eben noch die bessere und vollständigere Rapportierung.»

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Projektleiter erstellen Aufgaben per Sprache, platzieren sie mit einem Pin direkt auf dem digitalen Plan und übertragen sie mit einem Klick an Monteure. Diese erhalten die Aufgabe mit allen relevanten Details direkt in der App.
Quelle: Benetics

Feedback aus der Praxis

Bernauer hat den Sprachassistenten nicht nur bei sich eingeführt, sondern aktiv mitentwickelt. Der Fachbetrieb war von Beginn an Entwicklungspartner von Benetics. Als solcher bringt er regelmässig neue Impulse für das Elektrohandwerk in die App ein. Wünsche aus der Praxis – etwa zur Aufgabenverwaltung, Fotoanbindung und Planintegration – wurden gemeinsam umgesetzt. Davon profitieren nun alle der inzwischen über 200 Betriebe, die Benetics nutzen.

«Wir sind sehr dankbar für die enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Bernauer», sagt Metzler. «Unsere Roadmap für neue Funktionen ist prall gefüllt mit Themen wie Foto-Dokumentation, LV-Katalogen und weiteren KI-Anwendungen. Das Wichtigste aber ist und bleibt für uns: Die Bedienung der App muss einfach sein – und zwar für die Leute auf der Baustelle. Nur so schaffen wir es, dass Monteure sich an der Digitalisierung nicht nerven, sondern echte Vorteile erkennen.» Für Stettler ist klar: «Wir werden als Branche nicht darum herumkommen, die Digitalisierung auf der Baustelle voranzutreiben. Wenn es so einfach ist wie miteinander reden, dann ist das keine Hürde mehr. Es ist eine echte Chance, unabhängig von der Betriebsgrösse.»

Bernauer und Benetics zeigen, dass Digitalisierung im Handwerk nicht am Bürotisch enden muss. Sie beginnt mitten im Baugeschehen – als Unterstützung für die Menschen, die die eigentliche Arbeit machen. Vielleicht ist genau das der Grund, warum sich die App so schnell durchsetzt: Sie ersetzt keine Arbeitskraft, sondern gibt den Ausführenden Zeit zurück, damit sie ihre fachliche Arbeit besser machen können.

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