PV-Blendung in den Alpen

Dass Sonneneinstrahlung auf PV-Modulen reflektiert wird, ist nur bedingt vermeidbar. Da sich die Reflexionen über den Tag und die Jahreszeiten hinweg laufend verändern, ist ihre Bekämpfung anspruchsvoll. Abhilfe schafft eine software-gestützte Blendanalyse, mit der die Ausrichtung der Panels hinsichtlich ungewünschter Reflexionen optimiert werden kann.

Sonneneinstrahlung auf PV-Module
Je nach der Sonneneinstrahlung auf PV-Module wird das Licht stärker oder schwächer reflektiert. Doch wie können solche unerwünschten Blendungen verhindert werden?
Quelle: iStock

Der alpine «Solarexpress», eine vom Parlament im Herbst 2022 verabschiedete Massnahme, ist zwar nicht so schnell wie seine Bezeichnung suggeriert, kommt aber immerhin vorwärts – eine Verlängerung wurde in der Frühlingsession 2025 bewilligt. Somit muss bis Ende 2025 nur noch mindestens das Baugesuch öffentlich aufgelegt werden (anstelle der bislang verlangten 10 Prozent der minimalen Einspeisung von 10 GWh). Ein solarer Ausbau in den Bergen ist aber dringend nötig, da er vor allem wichtigen Winterstrom liefert. Doch der Ausbau stösst auf Gegenwehr. Landschaftliche Gründe sind vielfach unbedenklich, da es gerade mal um eine Fläche von 10 Prozent der möglichen alpinen Landschaft geht. Daher kann nicht von einem Zubau der schönen Bergwelt gesprochen werden.

Blendungen berechnen

Ein heikler Punkt ist aber die Blendung, welche grundsätzlich von einer PV-Anlage verursacht werden kann. Die Blendung kann man heute recht gut mit dem kostenlosen Blendtool (blendtool.ch) abbilden, eine Entwicklung des Amts für Umwelt und Energie des Kantons Bern und des Bundesamts für Umwelt. Die Auswertung im Tool zeigt sehr schön, wie häufig und zu welcher Uhrzeit eine Blendung auftreten kann. Das Tool ist für normale homogene Flächen wie auf Dächern geeignet, für Alpine PV-Anlagen (APVA) aber nur begrenzt einsetzbar. Das Tool kann nur einzelne Flächen berücksichtigen, welche alle gleich ausgerichtet sind. Es ist also nur schon bei Flachdachanlagen begrenzt einsetzbar.

APVA bestehen mehrheitlich aus einzelnen Modultischen, die in Abhängigkeit der Hanglage montiert werden. Die Neigung der Module ist meist 60 Grad oder steiler, um ein rasches Abrutschen des Schnees zu ermöglichen sowie die im Winter flacher eintreffende Sonnenstrahlung besser zu nutzen und den Winterstromanteil zu maximieren. Um eine Förderung im Rahmen des Solarexpress zu erhalten, muss die Produktion im Winterhalbjahr (also jeweils vom 1. Oktober bis am 31. März) mindestens 500 kWh/kWp erreichen.

Teilweise ist auch eine ­Doppelblendung vor­handen, welche auftritt, wenn der Unterschied der ­Blendung sich nur maximal 20 Grad von der natürlichen Blendung durch die Sonne unterscheidet. Somit kann nicht von einer ­Blendung gesprochen ­werden, da die Sonne praktisch identisch blendet.

ie Himmelsrichtungsausrichtung (Azimut) ist bei APVA praktisch bei jedem Modul unterschiedlich. Das bedeutet, dass der Ort der Blendung auch unterschiedlich ist. Dazu benötigt es zusätzlich Erfahrung und Abschätzungen für die betroffenen Orte der Blendung. Eine Vor-Ort-Abschätzung ist ebenfalls nötig, da natürliche Gegebenheiten wie zum Beispiel Bäume und topografische Gegebenheiten nicht berücksichtigt werden. Vielfach sieht man die APVA gar nicht und somit entfallen die berechneten Blendungen. Vor allem bei grossen Flächen tritt eine Blendung auch über mehrere Kilometer auf – somit ist auch auf der anderen Bergseite eine Beeinträchtigung möglich und muss kontrolliert werden. Zum Vergleich ist bei Wohnhäusern meist keine Blendung mehr vorhanden, wenn die Distanz grösser als 100 Meter beträgt.

Texturiertes Glas mit weiterem Vorteil

Da die Bauherrschaft bestrebt ist, die möglichen Blendrisiken zu minimieren, werden die vorgesehenen Module mit texturiertem Glas und einer Antirefle­xionsbeschichtung ausgewählt. Das reduziert die Blendwirkung im Vergleich zu herkömmlichen PV-Modulen deutlich. Das texturierte Glas sorgt dafür, dass das einfallende Licht diffus gestreut wird, anstatt es gebündelt in eine bestimmte Richtung zu reflektieren. Dadurch wird die Intensität der Reflexion abgeschwächt und die Entstehung kritischer Blendpunkte verhindert. Gleichzeitig minimiert die Antireflexionsbeschichtung die Reflexionsrate des Lichts erheblich, indem sie dafür sorgt, dass ein grösserer Anteil des Lichtes in das Modul eindringt, anstatt an der Oberfläche reflektiert zu werden. Dies führt nicht nur zu einer verbesserten Lichtaufnahme und einem höheren Wirkungsgrad, sondern reduziert auch die Reflexionsintensität auf Werte, die deutlich unter denen von unbeschichtetem Glas liegen.

Alpine Photovoltaik-Testanlage
Alpine Photovoltaik-Testanlage Tschers (GR) mit sechs Modultischen.
Quelle: zVg

In Kombination bewirken diese beiden Technologien, dass die Module keine stark gerichteten Reflexionen erzeugen, wie sie bei glatten und homogenen Oberflächen auftreten würden. Stattdessen wird das Licht diffus verteilt und die tatsächliche Blendwirkung deutlich gemindert. Der Nachteil dieser Intensitätsverminderung ist jedoch die längere Blendwirkung durch die grössere Streuung.

Blendung kann nicht ausgeschlossen werden

Während das Blendtool in seiner Berechnung von einer homogenen, gleichmässigen Reflexion ausgeht und damit konservativere, höhere Blendwerte liefert, sind die realen Werte bei diesen Modulen wesentlich geringer. Die streuende Wirkung des texturierten Glases und die reduzierte Reflexion durch die Antireflexschicht tragen somit dazu bei, das Blendrisiko in der Realität effektiv zu minimieren.

Im Art. 71a EnG ist der Solarexpress definiert (einige Punkte wurden oben schon erwähnt), und darin ist nebst den anderen vielen Vorgaben auch festgelegt, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorgelegt werden muss. Darin ist auch die Blendung ein Thema, welches mit Vorteil von einer unabhängigen Stelle zu erstellen ist. An der Hochschule Luzern erstellt das Institut für Gebäudetechnik und Energie solche Beurteilungen.

Die Blendung ist ein sehr junges Thema in den Bergen und kann nicht mit 100-prozentiger Sicherheit ausgeschlossen werden. Sicher ist, dass es eine Blendung geben kann, unklar ist nur, wie diese aufgenommen wird. Vielfach ist es eine subjektive Art und nicht jeder empfindet es als gleich störend. Teilweise ist auch eine Doppelblendung vorhanden, welche auftritt, wenn der Unterschied der Blendung sich nur maximal 20 Grad von der natürlichen Blendung durch die Sonne unterscheidet. Somit kann nicht von einer Blendung gesprochen werden, da die Sonne praktisch identisch blendet.

Reflexionseigenschaften von Glas
Reflexionseigenschaften von Fensterglas, AR-Glas und satiniertem Glas.
Quelle: Ruesch. F. et al, 2016

Wissenschaftlich wird von einer Blendung gesprochen, wenn die Intensität über 50 000 cd/m2 beträgt (EnergieSchweiz: Präsentation Umgang mit Blendwirkung, 2021).

Sichtschutz durch Bäume

Fakt ist, dass es Blendungen gibt. Wie stark diese sind und wie das von der Umwelt wahrgenommen wird, ist aber, wie erwähnt, sehr subjektiv. Wichtig ist auf jeden Fall, dass offen über die Probleme gesprochen wird und geeignete Massnahmen diskutiert werden. Teilweise sind andere Module speziell für diese Zwecke geeignet einsetzbar oder teilweise natürliche Abschirmungen möglich. Meist ist die Änderung der Modulneigung oder Ausrichtung nicht möglich, da die Topologie vielfach die Vorgaben dazu liefert. Bei einer leichten Anpassung kann auch meist die Blendung nicht eliminiert werden, sondern erfolgt einfach zu einer anderen Zeit, was ebenfalls nicht zielführend ist.

In den Bergen hat es vielfach Maiensässe oder Ställe, welche keine Fenster haben und wo sich auch sehr selten Personen befinden. Diese Orte sind nicht heikel und entfallen somit für diese Beurteilung. Ferienwohnungen oder dauernd bewohnte Häuser sind hier die grössere Knacknuss und müssen oft vor Ort besichtigt werden. Es werden Fenster und Sitzplätze im Aussenbereich gesucht, welche eine direkte Sicht auf die APVA haben. Diese Punkte sind zu berechnen und zu bewerten. Dazu braucht es einiges an Erfahrung und Abschätzungsvermögen, denn das Blendtool kann nicht die ganze inhomogene Fläche abbilden. Dazu sind auch andere selber erstellte Tools nicht in der Lage, da der Aufwand für die vielen unterschiedlichen Ausrichtungen schlicht zu komplex ist. Wenn man dies alles berechnen müsste, überstiege die Blendanalyse die finanziellen Möglichkeiten im Verhältnis des sonstigen Aufwands.

Zusammen mit einem Bericht der Blendungszeiten muss abgeschätzt werden, ob die Blendung zu diesem oder jenem Zeitpunkt wirklich zu einem Problem führen kann. Die betroffenen Gebäude müssen eruiert werden und mit den Besitzern besprochen werden. Es gibt bauliche Möglichkeiten für Sichtschütze, welche auch landschaftlich passend ausgeführt werden können, wie zum Beispiel die Pflanzung von zusätzlichen Bäumen. Kurz: Vor allem gemeinsam erreichen wir eine zukunftssichere, erneuerbare Energieproduktion, welche es auch unseren nächsten Generationen ermöglicht, weiterhin unseren Planeten zu bewohnen.

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